Geschichte und kein Ende?

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In Nürnberg ist gerade die Spielzeugmesse zu Ende, die größte Europas. Miserables Wetter, man kann sich nur in Kaffeehäusern und Museen aufhalten. Im Alten Rathaus sind die Reichskleinodien zu sehen, in Kopie, die echten haben die Habsburger vor Napoleon nach Wien in Sicherheit gebracht. Nürnberg, Stadt der Reichstage, Kaiserstadt. Dann Stadt der Reichsparteitage, Führerstadt. Hitler verstand es, an die Geschichte anzuknüpfen.

Wir fahren hinaus zum Dokumentationszentrum, das in den Resten des Reichsparteitagsgeländes eingerichtet ist. Fotos vom Hauptmarkt, die schönen Fassaden der alten Bürgerhäuser fast versteckt unter Hakenkreuzfahnen. Schon 1923 jubelte man hier dem späteren Führer zu. Fotos von der Gigantomanie der Reichsparteitage. Daneben in einer Vitrine Spielzeug. Juden raus heißt ein Brettspiel, es funktioniert nach dem Modell von Mensch, ärgere dich nicht. Wer die meisten Juden vertreibt, hat gewonnen.

Zurück in der Stadt in einem Café mit Blick auf den Hauptmarkt. Gesichtslose Fassaden aus den Fünfzigerjahren umstehen den Platz, die Bomben des letzten Kriegsjahrs haben die Innenstadt vollkommen zerstört. Der Hauptmarkt ist für eine mittelalterliche Stadtanlage ungewöhnlich groß. Wir lesen im Stadtführer nach. Kaiser Karl IV. entsprach 1349 einer Bitte des Rates, anstelle des Judenviertels einen Marktplatz zu schaffen. Am 5. Dezember des Jahres gönnten sich die Nürnberger ein adventliches Pogrom, 1000 Juden wurden vertrieben, über 500 mitsamt dem Ghetto verbrannt. Heute dient der Platz alljährlich dem adventlichen Christkindlmarkt, dem berühmtesten Deutschlands.

Nürnberg, die Stadt der Nürnberger Gesetze, die Stadt, in der Julius Streicher sein Hetzblatt Der Stürmer herausgab. Hitler verstand es, an die Geschichte anzuknüpfen! Leider war es eine christliche.

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