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Dien Bien Phu

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Seit dem Kampf um Stalingrad hat kein Ringen um eine Festung so sehr unsere Welt erschüttert. Am einhundertundsiebzigsten Tage der vollständigen Einschließung haben in einem letzten, zwanzigstündigen Ansturm die nationalistisch-kommunistischen Vietminh im Kampf Mann gegen Mann die Dschungelfestung Dien Bien Phu genommen. Unterstützt durch chinesische Batterien, durch Waffen und Instrukteure aus ganz Rot-Asien. Mit ihnen marschierten drei Kräfte, die zu den stärksten der heutigen Welt gehören: der Nationalismus mit seinem Schlachtruf „Asien, erwache!", der Proletarismus der „unentwickelten Völker“ um in der Sprache der UNESCO zu reden mit seinem Kampfruf „Befreiung von Sklaverei und Hunger“ und der Weltkommunismus mit seinem Heer von Wissenschaftlern, Technikern, Spezialisten und Politikern. Diese letzte Kraft kann sich, je nach Bedarf, aller Schlagworte und Schlachtrufe bedienen, wenn sie es nicht vorzieht, zu schweigen oder direkt zu kämpfen.

In seiner Stellung „Sperber“ befehligte General De Castries in eben dem Augenblick, in dem er das Feuer seines letzten Außen Werkes „Isabelle“ auf sich selbst richten ließ, um die eingedrungenen Feinde mitzutreffen, über die Reste von 10.000 Mann: ein Drittel Franzosen, ein Drittel Fremdenlegionäre, unter ihnen viele Deutsche und Angehörige fast aller europäischer Nationen, ein Drittel Asiaten und Afrikaner Marokkaner. Ein Weltkrieg, ein Weltkampf in der Nußschale dieses Forts, das als Sperrfort für Südostasien lange diese Aufgabe erfüllte.

Durch seinen Fall ist Dien Bien Phu endgültig zu einem geschichtsmächtigen Zeichen geworden. Für beide Seiten. Ist es das Pearl Harbour der westlichen Welt? Die große Niederlage, die eine innere Erneuerung ansagt? Wir wissen es noch nicht. — In Paris gingen alle Fahnen auf Halbmast. Und die Premiere des Moskauer Balletts wurde verschoben.

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