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HERMANN PEICHL OSB. / SCHOTTENABT IN SCHWERER ZEIT

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In der Nacht zum 15. April schloß ein Mann die Augen, der mit Recht zu den profiliertesten Persönlichkeiten des österreichischen Ordenslebens zählte.

1887 in Nieder johnsdorf bei Landskron geboren, trat er 1907 in das Schottenstift ein, wurde 1912 zum Priester geweiht und promovierte 1921 zum Doktor der Theologie. Lange Jahre der Tätigkeit als Religionsprofessor am Schottengymnasium und der Lehrerbildungsanstalt der Vrsulinen folgten. 1930 wurde Dr. Peichl von Papst Pius XI. zum Koadjutor des damaligen Abtes Amand Oppitz ernannt, dem er nach dessen Resignation im Jahre 1938 als Abt nachfolgte. Rom wünschte damals eine Reform an Haupt und Gliedern des liberal gewordenen Schottenkonvents. Dr. Peichl war ausersehen, diese Reform durchzuführen und die feudalisierten Stiftsherren zur monastischen Disziplin zurückzuführen. In Anlehnung an die sogenannte „Beuroner Reform“ gelang dieses Vorhaben auch.

Die Reformen beschränkten sich nicht nur auf das innere Ordensleben, sie fanden auch in der gesamten Gestaltung der Liturgie ihren Ausdruck. Große Verdienste erwarb sich Abt Hermann um die Restauration und Pflege der Kunstschätze des Stiftes. Das Innere der Kirche und die Gemäldegalerie legen davon beredtes Zeugnis ab. In seiner Amtszeit wurde auch die Schottengruft von Architekt Kramreiter in sehr schöner und geschmackvoller Weise umgestaltet und nicht zuletzt der Umbau und die Modernisierung des Gymnasiums in die Wege geleitet. Überhaupt galt die besondere Liebe des Abtes dem Schottengymnasium. Hunderten war er selbst Lehrer, und noch bis ins hohe Alter leitete er den Religionsunterricht der obersten Klassen. Die Schließung der Schule im Jahre 1938 bedeutete einen schweren Schlag für ihn. Dennoch blieb das Schottenstift auch in dieser schweren Zeit ein Zentrum geistigen Lebens, und besonders in den Tagen der „russischen Befreiung" gewährten seine Mauern vielen bedrängten Menschen Zuflucht. Gleich nach dem Krieg öffnete das Schottengymnasium wieder seine Pforten mit einer ersten Klasse, der jedes Jahr eine weitere folgte, und heute gibt es bereits wieder einige Nachkriegsmaturajahrgänge.

Abt Hermann gründete 1945 die Wiener Katholische Akademie', der er seine Repräsentationsräume zur Verfügung stellte. Bis zuletzt stand er diesem Bildungsinstitut, das eine nicht zu über sehende Stellung in Wiens Kulturleben einnimmt, als Präsident vor.

Dr. Peichl war unstreitig eine Persönlichkeit. Seine Reformen waren und sind heute noch maßgeblich für das Ordensleben. Das Gymnasium stellt jedes Jahr aufs neue bei der Matura seinen großen Ruf als eine der besten Lehranstalten Wiens unter Beweis, und um die vielen Kunstschätze des Stiftes hat er sich wahrlich Verdienste erworben. Aber die Zeit ist auch an den Mauern dieses Konventes im Herzen Wiens nicht stehengeblieben, und es gilt, manchem Neuen Rechnung zu tragen. Daß Abt Dr. Peichl bereit war, diesem Ruf zu folgen, wird am besten dadurch gekennzeichnet, daß er seine Mönche immer wieder darauf hinwies, daß mit dem Konzil eine neue Zeit aufbreche und noch vieles von der Kirchenversammlung in Rom zu erwarten sein werde. Seine größte Freude war es, dieses große Ereignis noch miterleben zu dürfen. Sein Nachfolger wird es nicht leicht haben, es ihm gleichzutun.

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