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Vermischte lerwandtschaßen

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Der Kämpfer gegen die Apartheid, Etienne van Heerden, beschreibt hier Lebensverhäitnisse, die nicht nur für Südafrika Gültigkeit haben, obwohl sie mit Rassentrennung zu tun haben.

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Der Kämpfer gegen die Apartheid, Etienne van Heerden, beschreibt hier Lebensverhäitnisse, die nicht nur für Südafrika Gültigkeit haben, obwohl sie mit Rassentrennung zu tun haben.

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Anhand der Geschehnisse um den grauenhaften Tod des kleinen Mischlingskindes Noah entwirft der 1954 in Johannesburg als Sohn eines Schafzüchters geborene Autor Etienne van Heerden das komplizierte Beziehungsgeflecht eines weißen Clans mit den mit ihnen verbundenen farbigen Verwandten. Tatsache ist, daß die Afrikaaner, die Buren, zahllose familiäre Bande mit den in der Kapprovinz beheimateten Khoi (Hottentotten) und San (Buschmänner) eingegangen sind. Dadurch ist eine Verwandtschaft entstanden, die von den Weißen gerne verschwiegen wird.

Etienne van Heerden beschreibt dieses Ineinandergreifen von Verwandtschaften und behandelt zusätzlich die tiefe Verbundenheit der weißen Siedler mit ihren Ländereien. So berichtet er von der Gepflo genheit der beschriebenen Familie Moolman, daß alle Toten mit den Füßen gegen Osten bestattet werden, damit sie, wenn die Wiederkunft anbricht, aufrecht sitzend dem neuen Morgen entgegensehen können. Die Moolmans werden als „eine stolze, starke Familie“ charakterisiert. „Sie sind stur protestantisch. Sehr familienbewußt. Für sie bedeutet vorgestern gestern, und von gestern reden sie, als wäre es heute. Sie lassen die Toten in ihren Gräbern nie ruhen. Und sie verzeihen nie.“

Noch genauer wird die Mentalität der Siedler anhand von Abel Moolman kenntlich gemacht: „Er ist hart wie Eisenerz, dieser Mann.“ Die Härte weicht der Fürsorglichkeit,, wenn es um Familienangehörige geht, die sich der vorgegebenen Rollen entsprechend verhalten. Wie weit die Fürsorglichkeit gehen kann, belegt folgende Stelle: „Für sie hatte er bei den fahrenden Händlern Spit zen bestellt, den besten Zimt und Pfeffer aus der Hafenstadt und reines Soda, wenn sie Seife kochen wollte.“ Immerhin handelt es sich um eine Frau, die ihrem Mann „selbst im Grab ergeben“ ist.

Etienne van Heerden, seit vielen Jahren in einer Bewegung gegen die Apartheid aktiv, vermeidet den Eindruck, daß die beschriebenen Verhältnisse nur für eine Gegend Südafrikas gültig sein könnten. Wer also verstehen will, warum die Abschaffung der Apartheid so schwierig war, sollte diesen Roman lesen. Der Leser wird aber auch erkennen, daß die le- gistische Beseitigung der Apartheid noch lange nicht die Rassenschranken in den Herzen und Gehirnen der weißen Siedler aufheben wird.

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