Anton Tschechows "Die Möwe" im Salzburger Landestheater in einer neuen Inszenierung.
Die Wolken ziehen vorüber und alle zeigen immer nur, wie langweilig Theater ist. Es kann aber auch modern sein, kann es zumindest versuchen, wie Tschechows Kostja es sinngemäß in "Die Möwe" sagen darf.
Schauspielchef Jürgen Flimm hat Newcomer Falk Richter in Salzburg dessen ersten Repertoireklassiker angeboten. Wie im Stück tritt der Junge gegen den Altmeister mit neuen Formen an.
Richter entschlackt seine "Möwe" - keine weißen Leinenkostüme (Martin Kraemer), keine melancholischen Redeschwälle, keine romantische Sommerfrische-Idylle, sondern wahrlich trostloses Landleben, verschlissene Anzüge, die bittere Armut und Tristesse spiegeln.
Zu jung besetzte Diva
Jule Böwe ist eine heutige Mascha. Sie kifft sich die Depression weg, ergibt sich und heiratet den langweiligen Lehrer Medwedenko (Thomas Wodianka). Im weiblichen Konkurrenzkampf verliert sie neben der fitness-gestählten Diva Arkadina (Sylvana Krappatsch) die einfachsten Gymnastikübungen. Die viel zu jung besetzte Krappatsch rezitiert mit Glitzer-Accessoires ihre Selbstinszenierungen. Yvon Jansen zeichnet in grellem Orange endlich eine Nina, die allen vertrauten Interpretationen zum Trotz als kraftvolle junge Frau noch an eine Zukunft glaubt. Und Kostja: ein völlig orientierungsloser Youngster (Mark Waschke).
Unmotivierte Ausbrüche
Richters Dramaturgie der harten Schnitte hat auch ihre Tücken: unmotivierte Ausbrüche zerstören jegliche Atmosphäre, Trigorin wird zur Nebenrolle, André Jung bemüht sich um den Rest des dekadenten Menschenverwerters, der hinter den Geschichten, die das echte Leben schreibt, verschwindet.
Aber auch die neue Form ist nicht mit Gewalt zu finden, oder vielleicht nur, wie es der Arzt Dr. Dorn (Sylvester Groth) verspricht, wenn das Ziel präzise feststeht, wenn Tradition nicht nur Feindbild ist, gegen das sich eine gelangweilte Generation auflehnt.
