"Hier arbeitet ein Genie"

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Das Wiener MAK zeigt den Ausnahme-Künstler Padhi Frieberger.

Kompromisslos, unkorrumpierbar, unangepasst. So möchten Künstler gerne gesehen werden. Allerdings treffen diese Eigenschaften auf die wenigsten wirklich zu. Padhi Frieberger, 1931 in Niederösterreich geboren, ist eine Ausnahmeerscheinung im österreichischen Kulturleben. Frieberger war immer präsent und doch nie wirklich greifbar. Auf Schwarzweißfotos der 1950er und 1960er Jahre ist er mit Oswald Wiener, André Heller und Walter Pichler zu sehen. "Hier arbeitet ein Genie - und keiner merkt es", ist auf einem Foto zu lesen, auf dem PADHI, wie er in der Wiener Kunstszene schlicht genannt wird, posiert.

Bis heute hat sich der Allrounder - er ist Objekt-, Foto- und Schriftkünstler genauso wie Jazz-Musiker - radikal allen Vereinnahmungsmechanismen entzogen. Frieberger hatte niemals eine Galerie und verweigerte sich dem offiziellen Kulturleben genauso wie der Konsumgesellschaft: kein Bankkonto, keinen Fernseher, schon gar kein Auto. "sein radikales subjekt macht jede umgebung zu spießbürgern. wäre er messbar, würde er absolute maßstäbe setzen, er wäre das urmeter einer präzisen unberechenbarkeit", charakterisiert der Dichter Friedrich Achleitner seinen Künstlerkollegen.

Radikal unberechenbar

Der Diogenes der österreichischen Avantgarde fuhr bereits mit dem Fahrrad durch Wien, als die Autolobby das Stadtgeschehen erst zu dominieren begann und Eva Glawischnig noch nicht einmal geboren war. Er betrieb eine Art Kommunikationskunst in Form von "Mail Art" Jahrzehnte, bevor Begriffe wie "partizipatorisches Kunstwerk" überhaupt existierten. Bereits vor der Hippiebewegung lebte Padhi Frieberger als ökologisch überzeugter Pazifist und Atomgegner ohne technische Errungenschaften in kargen Verhältnissen auf einem verfallenen Schloss und züchtete Friedenstauben.

Keine Konzession ans Geld

Materiellen Gütern und Geld hatte er stets eine äußerst kritische Einstellung gegenüber: "Die Konzessionen, die für Geld gemacht werden, sind immer und in allen Jahrhunderten die gleichen geblieben: du verkaufst deine Zeit im Beruf und bekommst Geld dafür. Das ist aber nicht wichtig. Für mich ist wichtig, dass man am Leben nicht vorbeigeht."

Eine Ausstellung über das Gesamtkunstwerk Padhi Frieberger ist in jedem Fall ein Ereignis, denn bereits einmal hat der konsequente Individualist eine Präsentation im Rahmen des "steirischen herbstes" (1983) platzen lassen. Das MAK hat sich der schwierigen Aufgabe gestellt und der außergewöhnlichen Avantgardefigur im Rahmen ihrer Reihe "Künstler im Fokus" eine Einzelschau gewidmet.

Außenseiter ins Museum?

Eine Museumsausstellung einer seit einem halben Jahrhundert den Kunstbetrieb attackierenden Figur ist für manche fragwürdig. Aber: Wenn nicht öffentliche Museen derartige Aufgaben übernehmen und Außenseiterkünstler einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen, wer dann? Zudem ist die Gefahr einer zu starken Musealisierung nicht gegeben, da die Präsentation im Rahmen der MAK-Schausammlung stattfindet. Der angewandte Kontext kommt Padhi Friebergers interdisziplinärem Ansatz entgegen, zugleich ist die Ausstellung ausgesprochen sensibel gestaltet und vermittelt den experimentell-spielerischen Charakter seiner Kunst bestmöglich.

Neben dem fotografischen Werk, das Frieberger seit 1958 schuf, ohne selbst eine Kamera zu besitzen, und seiner "Mail-Art" liegt der Akzent auf bunt bemalten, zum Teil aus Alltagsgegenständen zusammengebauten Objekten. Sie erinnern entfernt an dadaistische Objekte und Kurt Schwitters' spielerische Collage-Skulpturen; auch an die Arbeiten der Nouveaux Réalistes, die in den 1960er Jahren rund um den französischen Kunstkritiker Pierre Restany eine aus Fundstücken gebastelte Objektkunst entwickelten.

Brisante Sprachspiele

Besonders eindrucksvoll führt aber ein Film Padhi Friebergers grenzüberschreitende Denk- und Arbeitsweise vor Augen. Nicht entgehen lassen sollte man sich auch die Sprachspiele, die gleichermaßen kunstkritisch wie politisch brisant sind. "Jedenfalls ist Kunst garantiert nicht das, was die Allgemeinheit will", ist auf einem Schwarzweißfoto aus dem Jahr 1962 zu lesen, und ein Objekt aus Holz, Eisen und Gips (1984) trägt den ironischen Titel "Künstiger geht's nicht."

PADHI FRIEBERGER

Ohne Künstler keine Kunst

MAK-Schausammlung

Stubenring 5, 1010 Wien

www.MAK.at

Bis 30. März Mi-So 10-18 Uhr,

Di 10-24 Uhr

Katalog: Padhi Frieberger. Ohne Künstler keine Kunst, hrsg. von Peter Noever, MAK, Wien 2007, 56 Seiten, € 19,-

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