Hinterfotzig banal

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"Cafe Tamagotchi" von Wolfgang Bauer im Wiener Rabenhof.

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"Cafe Tamagotchi" von Wolfgang Bauer im Wiener Rabenhof.

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Karl Welunschek hat eine Nacht gebraucht um zu wissen, dass er es machen will", erzählte Eva Feitzinger vom Sessler Verlag nach der Uraufführung von Wolfgang Bauers "Cafe Tamagotchi". Drei Jahre lag es in der Dramaturgie des Volkstheaters bevor es wieder zurück an Verlag ging und der neue Direktor des Rabenhof-Theaters seine Chance bekam. Es wurde ein gelungenes Geburtstagsgeschenk für den Grazer Autor, der am Sonntag seinen Sechzigsten feierte.

Inspiriert von jenen virtuellen Tierchen, die sich weltweit in den Kinderzimmern ausbreiteten und mittlerweile wieder ausgestorben sind, hat die Thematik - Maschinenwesen in künstlicher Welt - schon etwas Patina angelegt. Auch Reality-TV und ähnliche Themen sind inzwischen einigermaßen ausgereizt. Doch Bauers Stück hat überlebt. Und wie.

Inszeniert hat Georg Staudacher. Der junge Regisseur, nähert sich dem Stück hinreißend unbefangen. Was er auf die Bühne des Rabenhof-Theaters bringt könnte man den ultimativen Abgesang auf alle Trash-Epidemien bezeichnen, die wir bis jetzt überlebt haben: vorsätzlicher Schund, irrwitzig und komisch, aber zugleich auch der Widerschein einer unsicheren fluiden Realität, in der alles möglich und nichts so ist wie es scheint. Seltsame Gestalten bevölkern die Bauer'sche Kunstwelt. Bruchstückhafte Existenzen die aus Wirklichkeit, TV-und Werbewelt herausgefallen scheinen, "Spieler und Gespielte", "Dealer und Gedealte" unter sich (unter anderem Hans Piesbergen, Gottfried Neuner, Wolfgang Rommerskirchen, Kathrin Beck) lassen sich vom Ober (Silvio Szücs) Lebenssaft in Form von Batterien servieren. Was sie einander zu sagen haben und sich die Zeit vertreiben ist auf hinterfotzige Weise banal, denn unter der Oberfläche des Frohsinns lauert reale Existenzangst.

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