Im Wonderbra an den Kriegsschauplatz

Werbung
Werbung
Werbung

Darf man eine Comedy über Kindersoldaten, Vergewaltigungsopfer und Massenmord schreiben? Und wenn ja: Wie bringt man sie auf die Bühne, ohne sich den Vorwurf des Zynismus machen lassen zu müssen? Diese Gratwanderung beschreiten Regisseurin Barbara Herold und Schauspielerin Maria Fliri, die aus dem Roman "Von Hollywood nach Uganda“ (2010) der britischen Promi-Journalistin Jane Bussmann ein Stück entwickelten.

Fliri spielt in der Ein-Frau-Show die Autorin Bussmann, die beschließt, endlich "nützlichen“ Journalismus zu betreiben. Was heißt: dem selbstverliebten Hollywood-Zirkus mit seinen dekadenten Glamour-Auswüchsen Adieu zu sagen und über Menschenrechtsverletzungen, Bürgerkrieg und Friedensaktivisten zu berichten. Zufällig ist der bekannteste unter jenen - John Prendergast - auch noch gutaussehend und wird zum Movens für sie, sofort mit den Recherchen zu starten.

Bussmanns Reise nach Ostafrika und die vielen (Irr-)Fahrten dort, ihr Treffen mit dem feschen John oder Militärobersten dokumentieren auf eine Strohwand projizierte Bilder und zum Teil animierte Comics. Ausstatterin Caro Stark hat damit einen atmos-phärisch dichten Rahmen für das Solo von Maria Fliri eingerichtet, die im schicken Safari-Look zugleich die Welt verbessern und sich einen attraktiven Mann angeln möchte.

Hart an der Grenze zur Geschmacklosigkeit

Selbstironisch kokettiert sie stets mit der Naivität amerikanischer Star-Journalisten, die mehr an den Umgang mit Hollywood-Chihuahuas als mit ernsthaft gefährlichen Militärs gewöhnt sind. Aus dem Zusammenprall der scheinbar reflektierten, insgesamt aber arroganten westlichen Welt mit dem undurchsichtigen System in Uganda resultiert unweigerlich jene Komik, die gezielt stets hart an der Grenze zur Geschmacklosigkeit arbeitet.

"Die Afrikawoche ist leider schon vorüber“, heißt es lapidar, als Jane Bussmann ihren Bericht über den Anführer der Rebellenarmee LRA (Lord’s Resistance Army) Joseph Kony anbietet. Bussmann aber bleibt hartnäckig dran an der Story, die in der massiven Kritik an der Kampagne "Invisible Children“ endet, welche vor gut einem Monat ihr jüngstes Video mit einem Spenden-Aufruf lancierte.

Erneut haben Barbara Herold und Maria Fliri eine höchst aktuelle, schwarzhumorige Polit-Satire vorgelegt - auch wenn sich die grauenvollen Verstrickungen bisweilen mehr ver- als entwirrend präsentieren. Hier zeigt sich wieder einmal das Potenzial der freien Szene: Schnell, flexibel und kritisch agiert das KosmosTheater, mit dem Witz und Mut jener Frauen, die nicht mit kugelsicheren Westen, sondern beherzt im Wonderbra die Methoden der Macht benennen.

Weitere Termine

17., 18., 19. Mai

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung