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Des jungen Werthers und anderer Menschen Leiden. ImPulsTanz 2002.

Unterschiedlicher könnte der Mensch als Zoon politicon, als gesellschaftliches Wesen, nicht gezeigt werden, als von Michael Laub im Volkstheater und Hans Van den Broeck im Museumsquartier im Rahmen von ImPulsTanz 2002. Laub und seine "Remote Control" koppelten Goethes "Leiden des jungen Werthers" mit Indiens berühmt-berüchtigten Bollywood-Soaps. Entstanden ist eine hinreißende, Kulturen und Genres übergreifende Herz-Schmerz-Collage, die mit hintergründigem Humor und Momenten berührender Ernsthaftigkeit Gefühle auf die Bühne bringt. Goethes Jugendwerk kann man danach kaum mehr ohne Schmunzeln lesen. Lotte wird zur zickigen Göre mit karitativen Anwandlungen, die an jedem Sterbebett zu finden ist, und Werther zum Jungen, der hingehalten und letztlich abgewiesen wird.

Die Inszenierung lebt von den Details und vom Aufeinandertreffen der Kulturen. Lasziv langsame Tanzsequenzen stehen im Kontrast zur genau kodierten Ausdrucksform des indischen Khatak. Einzelne Figuren erzählen im turbulenten Geschehen eine eigene Geschichte. Astrid Endruweit agiert mit missionarischer Betulichkeit als Übersetzerin und taucht unversehens in menschliche Abgründe ab. Mit ihrer schmerzvoll herausgebrüllten Erinnerung an eine Vergewaltigung kippt das Geschehen ins Düstere. Wo die Liebe fehlt, ergreift die Menschen Einsamkeit oder Tod.

Anders blickt Van den Broeck mit seiner Compagnie "Les Ballet C. de la B." auf die Gesellschaft. Um die Wirklichkeit zu zeigen, wie sie ist, verrückt und übersteigert er sie bis zur Kenntlichkeit. Nicht nur ein Affe ist in "Lac des Singes" ("Affensee") eingesperrt, auch die Menschen sind gefangen in ihren Ritualen eines absurd gezeigten Alltags. Angesichts der Sinnlosigkeit der Handlungen und der Unermüdlichkeit, mit der die Figuren sie zelebrieren, denkt man an an den grausamen Humor Ionescos. Alltäglicher Wahnwitz, durch eine exakte, explosive Choreographie in Form gegossen.

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