"Ist das etwa mein 'Kirschgarten'"?

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Niemand litt mehr an dem vom Autor als Komödie deklarierten "Kirschgarten" als Anton Tschechow selbst. Mit dem Regisseur der Uraufführung am Moskauer Künstlertheater 1904, Stanislawskij, hatte er seine liebe Not: "Ist das etwa mein 'Kirschgarten'? Sind das meine Typen?" Diese Not hätte Tschechow auch in der jüngeren Vergangenheit auf dem deutschsprachigen Theater gehabt. Der "Kirschgarten" sei nicht selten zu einem Spiel geworden, das glaubt, auf einen Kirschgarten verzichten zu können, notiert der Tschechow-Übersetzer Hans Walter Poll.

Nun denn: Die Unentschiedenheit zwischen Komödie und Tragödie schleppt sich durch die Aufführungsgeschichte des "Kirschgarten" und macht auch nicht vor der Aufführung am Schauspielhaus Salzburg Halt. Die Regisseurin Esther Muschol lässt das Stück, das zeitgeschichtlich an einem gesellschaftspolitischen Epochenwechsel und ebenso literarisch an einem Wechsel zum russischen Symbolismus steht, nach links und rechts zerfließen, anstatt konsequent eine Richtung einzuhalten. Vielleicht hätte man auch das Ensemble härter am Text führen müssen.

Es wird das Landleben eines verarmten, weil zügellos Geld verprassenden Landadels geschildert, die industrielle Revolution endet im Kapitalismus. Lopachin, ein Kaufmann, Sohn ehedem Leibeigener am Gut der Ranjewskaja, kauft vor der Versteigerung das Gut samt dem weitum berühmten Kirschgarten. Es geht zu wie heute: Kostbarer alter Baumbestand wird rigoros dem Fortschritt und der Parzellierung geopfert, das sanierungsbedürftige Haus abgerissen.

Die Schauspieler bemühen sich; die wahre Einsamkeit und Ödnis in der lustigen Gesellschaft bleiben Christina Warnecke als Pflegetochter Warja und Olaf Salzer als altem Diener Firs vorbehalten. Ihnen glaubt man.

Der Kirschgarten Schauspielhaus Salzburg 15., 16., 19., 20., 22., 28. Mai

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