Es beginnt wie eine harmlose Mädcheninternatsgeschichte: An der Schule zur Heiligen Jungfrau vom Nil in Nyaminombe wird die weibliche Elite des Landes ausgebildet und die Quote sieht zehn Prozent Tutsis vor. Dass der Segen des Priesters und der Schutz der Heiligen Jungfrau vom Nil nicht für alle gilt, ahnt man bald, auch die unterschwellige Gewalt. Im Archiv der Schule finden sich Fotos von Stammesführern, die mit roter Tinte durchgestrichen worden sind. "Erst ein Strich, dann ein Schlag mit der Machete ... und weg sind die Tutsi", sagt ein Mädchen lachend zu einem anderen, und dieses fragt sich, "wann auch sie auf dem Foto, das jedes Jahr zum Schuljahresbeginn gemacht wurde, mit dicker roter Tinte durchgestrichen werden würde."
Die heilige Jungfrau vom Nil
Roman von Scholastique Mukasonga
Übers. von Andreas Jandl
Das Wunderhorn 2014
182 S., geb., € 25,50