Keine Ersatzhandlung, sondern ein Theater

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Möglich, daß wir "Die Verhaftung des Johann Nepomuk Nestroy" irgendwann einmal als neues Stück von Peter Turrini im Akademietheater sehen werden. Vorerst einmal haben wir sie dort gehört. Nämlich als Erzählung dieses Namens, gelesen vom Autor. Es handelte sich dabei aber um keine Ersatzhandlung, sondern auch die Lesung war ein Theater.

Und zwar ein gutes, unterhaltsames, anregendes. Turrini ist ein exzellenter Interpret seiner Texte. Die Episode aus Nestroys Leben, die er in seiner neuen "Novelle" erzählt, könnte sich beinahe genauso, wie er sie erzählt, abgespielt haben. Samt allen kleinen französischen Todsünden, in denen Turrini so ungemein anregend schwelgt. Schließlich ist Nestroys Liebesleben amts- und literaturgeschichtsbekannt. Ob wir Nestroy posthum wünschen sollen, alles erlebt zu haben, was Turrini dazuerfand, ist eine andere Frage. Verbaler Turrini-Sex und gedachter Nestroy-Sex mischen sich jedenfalls auf putzige Weise. Doch andererseits - vielleicht hätte Nestroy bloß mitleidig-wissend gelächelt. Seine Heimlichkeiten gegenüber "der Frau", der Weiler, waren ja notorisch. Was an der Geschichte auffällt, ist der Blickwinkel, der wirklich einer des Blickes ist: Sie ist so optisch, so in erster Linie mit den Augen gesehen, daß sie streckenweise wie für den Film bestimmt wirkt. Mehr für den Film als für die Bühne. Sollte diese Vermutung zutreffen, würde der Rezensent nur sagen: Zu schade, daß Fellini tot ist! Ein neues "Satiricon", oder so etwas wie ein "Casanestroy", mit allen Wiener Verklemmtheiten, nach einem Drehbuch von Turrini - dazu könnte einem tatsächlich allerhand einfallen!

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