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Der multimediale Künstler Ugo Rondinone in der Wiener Kunsthalle.

Die Wiener Kunsthalle zeigt diesen Sommer den mit unterschiedlichen Medien arbeitenden Künstler Ugo Rondinone. Der Chef des Hauses selbst, Gerald Matt, hat diese Kunstmahlzeit angerichtet. Das viergängige Menü beginnt als Vorspeise im ersten Raum mit einer Serie von Fotoarbeiten, die den Künstler in verschiedenen weiblichen Rollen von der Haremsdame bis zum Flittchen zeigt. Als ersten Gang zeigt die Ausstellung im zweiten Raum drei lebensgroße Clowns, die in abweisender, desinteressierter Haltung herumlungern. Die psychische Verfasstheit dieser harlekinesken Plastikpuppen befremdet, da sie weder zum Späße-Machen noch zur berühmten Träne am Grund des Lächelns fähig sind. Diese Clowns sind von existentialistischer Erschöpfung erfasst. Sie sind frustriert und ermüdet bis zur Depression.

Die Hauptmahlzeit erwartet den Besucher im zentralen Raum. Dort beherrscht eine raumgreifende, begehbare Skulptur aus Säulen von Spiegelsplittern das von Rondinone geschaffene Environment.

Außerdem sind TV-Schirme auf den Raum verteilt, die immer gleiche Sequenzen aus dem Alltag bzw. von einer Eisenbahnfahrt zeigen, die durch die Landschaft und auch mal in einen Tunnel führen, an dessen Ende aber kein Licht, sondern nur wiederholte Bilder stehen. Auch die eingespielte Musik wiederholt sich ständig in einer ewigen Endlosschleife. Diese perfekt durchkomponierte Kunstwelt stellt kaum noch Fragen und gibt schon gar keine Antworten mehr, sondern reduziert die Wahrnehmung auf sich immer wieder repetierende Vorgänge. Die bunte, mannigfaltige Welt erscheint reduziert auf das reine Sein selbst, auf die Frage: Warum gibt es überhaupt das Sein? Zur Nachspeise verstärkt sich das existentielle Überlegen in Richtung Samuel Beckett: Das Dessert besteht wieder aus einem raumfüllend komponierten Raum, der wegen des speziell mit gewellten Platten ausgelegten Bodens nur ohne Schuhe betreten werden darf, was die Assoziation mit einem säkularisierten Andachtsraum unausweichlich macht. Der hier eingespielte Pseudo-Dialog zwischen einem Mann und einer Frau, die in Beckettschem Sinne aneinander vorbei reden, gibt noch einmal den Blick frei auf eine existentialistische Prämisse: die totale Einsamkeit des Einzelnen. Der bittere Nachgeschmack eines künstlerisch sehr suggestiv arrangierten Festessens.

Bis 22. September

täglich 10-19 Uhr, Do bis 22 Uhr

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