Keine Freude an der Ostsee

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Im mecklenburgischen Heiligendamm, einem weißen Kaff an der Ostsee, haben Geldmenschen Mitte der neunziger Jahre ein paar klassizistische Villen in ein luxuriöses Wellness-Hotel verwandelt. Hier treffen sich Anfang Juni die acht mächtigsten Regierungschefs der Welt, um gemeinsam über Klimaschutz, die ökologischen oder sozialen Fährnisse unserer Welt im Allgemeinen und die der Afrikaner im Besonderen nachzudenken. Die Hauben-Köche werden ihr Bestes geben, auch fürs "Familienfoto" ist gesorgt.

Damit in die Plaudereien keiner dreinredet, haben die Deutschen einen zwölf Kilometer langen und zweieinhalb Meter hohen Stacheldraht-Zaun errichten lassen. Gelernt ist gelernt. 12,5 Millionen Euro kostete die Errichtung dieser Mauer, ohne Zweifel ein Meisterstück deutscher Architektur.

Am Abstand von 200 Metern zur Mauer gibt es eine Bannmeile, die von tausenden Polizisten und von Soldaten der Bundeswehr beschützt wird. Und damit sicher nix passiert, wurde gleich noch ein generelles Demonstrationsverbot verhängt.

Die Polizei beschlagnahmte unter dem Vorwand, terroristischen Banden auf der Spur zu sein, Computer von Organisatoren der Protest-Kundgebungen, auch die Boulevard-Zeitungen tun das Ihre, entdecken in jeder eingeschmissenen Auslagenscheibe einen umstürzlerischen Akt. Somit wird dann der, der vom Demonstrationsrecht (Artikel 8 des Grundgesetzes) spricht, verdächtig, und der, der vor Ort friedlich seine Stimme erheben will, zum Kriminellen.

"Hic te laetitia invitat post balnea sanum" steht auf einer Villa in Heiligendamm: Nach dem Bade geheilt erwartet Dich hier Freude. Nein, in diesem Juni wird's an der Ostsee nichts, weder mit Baden, noch mit Heilung, noch mit Freude.

Der Autor arbeitet am Kulturforum der Österreichischen Botschaft in Berlin.

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