(Keine) Pekinger Hundstage

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Bis Ende September sind Hunde aus Pekings Speisekarten verbannt - für Chinesen kein Verzicht, die mögen ihre Spezialität sowieso lieber im Winter, da sie dem Hundefleisch einen wärmenden Charakter zuschreiben. Für Chinas Führung ist die Einschränkung jedoch ein Teil in ihrem Riesenpuzzle, das sie der Welt während der Olympischen Spiele präsentieren wollen: Eine harmonische Gesellschaft, jeder Teil passt zum anderen, nirgends spießt es sich, ein Riesenstaat als große Verwirklichung des olympischen Gedankens: Dabeisein ist alles!

Der Umkehrschluss gilt aber genauso: Wer nicht dabei sein darf, kann oder will, ist nichts! Das gilt für Hundefleisch in Restaurants genauso, wie für spuckende Chinesen auf den Boulevards, wie für Obdachlose in den Stadtzentren, wie für kritische Blogger im Internet, wie für Menschenrechtsanwälte, wie für ethnische und andere Minderheiten überall im Land. Sie sind Puzzleteile im falschen Puzzle, sie passen nicht dazu.

Der Westen schaue nur auf die "falschen Teile", lautete der chinesische Vorwurf nach der Niederschlagung der tibetischen Unruhen im Frühjahr. Und der Westen verweigere China "Anti-Terrormaßnahmen", die er selbst anwende, heißt ein anderer Einwand Pekings - wo doch das den seperatistischen Uiguren zugeschriebene Attentat vom Montag das "wahre Gesicht" der Minderheiten zeige.

Doch Peking täuscht sich - "der Westen" sieht nur zu gern ein harmonisches China, fürchtet nichts mehr, als wenn aus dem Reich der Mitte ein Reich mitten im Chaos würde. Deswegen wird der Westen bei China noch über vieles hinwegsehen - und das nicht nur bei kulinarischen Extrawürsten. Der Wandel hin zu einem größeren Puzzle, in dem es auch andere, aber keine falschen Teile gibt, muss darum in China selbst passieren. Ansonsten wird das Land auch ohne Hundefleisch am Teller vor die Hunde gehen.

wolfgang.machreich@furche.at

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