Kleine Oper mit großem Reiz

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Gelungener Auftakt der Wiener Festwochen mit Henry Purcells "Dido und Aeneas".

Das Musiktheaterprogramm der Wiener Festwochen steht heuer - wie könnte es anders sein - schwerpunktmäßig im Zeichen des musikalischen Jahresregenten Wolfgang Amadeus Mozart; war es deshalb eine konzeptionelle Idee, die Premiere des einzigen Nicht-Mozart-Werkes vor der eigentliche Festwochen-Eröffnung anzusetzten - oder hatte dies dispositionelle Gründe? Letztendlich eine nebensächliche Frage, denn mit der Neuproduktion von Henry Purcells Oper "Dido and Aeneas" gelang ein hervorragender, vom Publikum bejubelter Festwochenauftakt. Einer der Gründe dafür war die außerordentliche Qualität von Chor und Orchester des Ensembles "Les Arts Florissants" unter seinem Gründer und Leiter William Christie: Purcells Musik wurde mit musikantischer Frische, detailverliebt, farbenreich und mit sensibler Gefühlstiefe realisiert und mit enormer Delikatesse und großer Klangkultur - bemerkenswert insbesondere beim kleinen Chorensemble auf der Bühne - dargeboten. Zweiter Grund für den Erfolg war die wohltuend stücknahe, ebenso erfrischende wie stringente Bühnenrealisation (die auch den lange Zeit angenommenen Uraufführungsort des Werkes in einem englischen Mädchenpensionat nicht außer Acht ließ) durch die Regisseurin Deborah Warner, die Ausstatterin Chloe Obolensky und den Lichtdesigner Jean Kalman.

Stringent und stücknah

Sie erzählten die tragische Liebesgeschichte zwischen Dido, der Königin von Karthago, und Aeneas, dem trojanischen Helden, auf der sehr tiefen Bühne im Wiener Museums-Quartier mit ebenso schlichten wie überzeugenden Mitteln und schufen immer wieder Bilder und Szenen von poetischem Reiz; Stil, Fantasie und Gefühl war dem Bühnenspiel zu eigen, aber auch - etwas plakativ dargeboten - Witz, Komik und drastische Deftigkeit in den Hexenszenen (samt akrobatischen Einlagen). In diesen überzeugte Hilary Summers als Zauberin mehr mit skurrilem Spiel, weniger mit dem gewöhnungsbedürftigen Timbre ihrer Stimme, während Judith van Wanroij der Belinda angenehm glockigen Sopran verlieh und Christopher Maltman als Aeneas mit noblem Bariton ebenso beeindruckte wie Malena Ernman als hoheitsvolle Dido mit klangvollem Mezzo, die nur gerade im berühmten Schlusslamento "Thy hand, Belinda" gewisse Höhengrenzen erkennen ließ. Nur etwas mehr als eine Stunde dauert Purcells Dreiakter, das berühmteste Beispiel der vorbarocken englischen Oper, selbst wenn man das Werk wie in dieser Produktion um einen von Fiona Shaw pointiert und prägnant dargebotenen Prolog aus Texten von Hughes, Eliot und Yeats ergänzt - der Kürze wegen konnte die Aufführung an den drei Spieltagen gleich zweifach angeboten werden.

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