Kommerzradio und Staatsfunk

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Kampfvokabular ist ein Instrument der politischen Kommunikation. Wer von "Gutmenschen" spricht, rüttelt an der Glaubwürdigkeit idealistischer Bürger, wer "Jagdgesellschaft" wittert, bezweifelt die hehren Motive kritischer Medien. Solche Begriffe wirken aber erst bei dauernder Wiederholung, und so beschädigen sich ihre Anwender auch selbst: Wer das Pfui-Wort gebraucht, gehört zum Igitt-Stall.

Der ORF nennt Konkurrenten sogar in seinem neuen Jahresbericht konsequent "Kommerzradios". Das ist kein Fachbegriff sondern eine Kampfvokabel. Sie dient zur Verklärung eines unvermeidlich vom öffentlichen Auftrag geleiteten Angebots gegenüber dem Programm zwangsläufig wirtschaftlich getriebener Privatsender. Das ist nicht nur angesichts von Wettbewerb verzerrender Rundfunkgebühr unfair, sondern vor allem durch die Gebarung von Ö3. Der ORF selbst entlarvt den Bumerang-Effekt seines Wordings: Er schreibt inkonsequent nicht von "Kommerzfernsehen". ServusTV lässt grüßen.

Die Teilung in bösen Kommerz und guten Auftrag erscheint ohnehin lächerlich, wenn Österreichs größtes Medienunternehmen stolz auf einen Jahresüberschuss von 6,6 Millionen Euro verweist -verursacht unter anderem durch 208 Millionen Euro Werbeeinnahmen neben den 615 Millionen Euro Gebühren. Der öffentliche Wert von Ö1 wie ORF III ist unbestritten, aber ein Hauptaugenmerk der Verantwortlichen muss auf wirtschaftlichen, also kommerziellen Aspekten liegen. So wie Privatsender ungeachtet aller wirtschaftlicher Orientierung durchaus auch Inhalte im öffentlichen Interesse transportieren.

Nun ist "Kommerzradio" eine Wortmücke, aus der sich schwer ein Debattenelefant machen lässt. Dazu eignet sich eher die Schmähung des ORF zum "Staatsfunk". Beide Kampfvokabeln taugen nicht zur Pflege eines dualen Mediensystems. Sie fechten es an.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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