Kommunismus des Kapitals im Namen der Liebe?

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Erstaufführung von „Transkatholische Vögel“ im Wiener brut: Inspiriert von Pasolinis Film „Uccellacci e uccellini“ hat das Künstler-Kollektiv rund um Gini Müller, Peter Kozek und Sabine Marte eine musikalische Posse über die Suche nach politischen und religiösen Utopien entwickelt, an deren Ende Hermes Phettberg auftritt und sich für vogelfrei erklärt.

Inspiriert von Pier Paolo Pasolinis Film „Uccellacci e uccellini“ (1966) hat das Künstler-Kollektiv rund um Gini Müller, Peter Kozek und Sabine Marte die liturgische Posse „Transkatholische Vögel“ mit Hermes Phettberg entwickelt und setzt damit die Themenreihe „Religion und Revolution“ im brut fort.

Zwischen der nüchternen „Lesung“, was im Katholizismus alles „trans“ ist, vom Fruchtbarkeit bringenden Osterhasen bis zur phallisch besetzten Rute des Krampus, erklingt Oliver Stotz’ Musik, oft komisch, dann wieder total schräg, und schließlich in sakraler Flächigkeit (wie von Arvo Pärt) und zart Gini Müllers poetische Bildersuche nach politischen und religiösen Utopien untermalend.

Auf einer Leinwand drehen sich Landschaften und Wege, bis zwei Freunde die Bühne betreten, „the road begins and journey is over“. Zusammen mit einem „verschlagenen“ Raben (Sabine Marte mit wunderschöner Stimme) reflektieren sie ihre Ideale von Humanität; ihr Ziel: das Evangelium und die kommunistische Revolution in Einklang zu bringen.

„Sünde und Gehorsam“

Auf der nackten Drehbühne wird also das Rad der Geschichte 800 Jahre zurückgedreht: Franz von Assisi (Helmut Neundlinger) ist ihr Idol. Auch die beiden Freunde werden Mönche und predigen unter den Vögeln. Gini Müller steht als betender Adler dem Raben gegenüber, den allerdings nur das Portfolio interessiert. Wo kann also der neue, revolutionär-religiöse Ansatz liegen? Im liebenden Unternehmer?

In Müllers ernst gemeinter, vielfach selbstironisierender „Symphonie aus Sünde und Gehorsam“ tritt am Ende Hermes Phettberg auf, um auf der Drehbühne als verkehrte Metapher der „göttlichen Teilung“, also ideal nach da Vinci proportioniert, festgeklebt zu werden. Durch ihn pervertieren sich die Vorstellungen von Hölle. „Ich litt in ihr und bin es zufrieden gewesen“, sagt Phettberg, schwer abgemagert in stiller, „glückseliger“ Trauer.

Die Frage nach der politischen Kraft von Religion wird auch Doris Uhlichs „Johannen. Eine Frauenmannschaft“, eine Performance rund um Johanna von Orléans, „Die Eiserne Kirche“ oder Jacob Wrens „Hospitality 3: Individualism was a mistake“ künstlerisch diskutiert. Am 18. Oktober 2009 findet ein Thementag mit Vorträgen und Musik statt.

www.brut-wien.at

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