Kunst als Freiraum für Utopien

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Kunst ist Luxus. Kunst gibt den Reichen Lebensinn und ihrem Auftreten den geschmackvollen Rahmen, Kunst und Kapital sind siamesische Zwillinge. Mit diesem Argument hat die niederländische Regierung drastische Kürzungen der Kunstförderung angekündigt: Kunst sei keine Angelegenheit des öffentlichen Interesses sondern Privatvergnügen. Was für ein falscher, verengter Kunstbegriff!

Ja, Kunstwerke dienen zuweilen als Investition und als Dekoration. Kunst kann aber auch ganz anderes leisten. Vergangene Woche stand ein Zeltdorf in Linz am Donauufer, da wuselten junge Menschen, es wurde diskutiert und gekocht, fabriziert, gestaltet und gelacht. Motto: Create Your World. Ein Zukunftsfestival für Kinder und Jugendliche als Teil der Ars Electronica. Kinder an die Macht, hieß es versuchsweise, ein Ideencamp für die nächste Generation.

Zwei Wochen vorher verwandelte sich das Haus der Kulturen der Welt in Berlin für vier Tage in ein quirliges Labor. Protagonisten aus Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Bildung, Politik und Zivilgesellschaft tauschten Vorschläge für alternative Lebensweisen für das 21. Jahrhundert aus. Wie und wovon ernähren wir uns morgen? Wie und nach welchen Maximen bilden wir unsere Kinder aus? Diese und derartige Fragen wurden nicht nur erörtert, sondern praktisch erprobt. Wer meint, dies habe mit Kunst nichts zu tun, liegt falsch: Wo wenn nicht in der Kunst bleibt Freiraum für Utopien? Kunst ist, seit mehr als einem Jahrhundert, nicht nur Werk, sondern auch Praxis.

Wichtiger als die Kunst ist die Lebenskunst, die Frage nach dem guten Leben und der angemessenen Lebensführung. Es gibt Zeiten, in denen diese These Vorrang haben darf. Die staatliche Kulturförderung sollte die Zeichen der Zeit erkennen. Dass die deutsche Kulturstiftung des Bundes für das Projekt "Über Lebenskunst“ drei Jahre veranschlagt und mehr als dreieinhalb Millionen Euro investiert, zeichnet sie mit Weisheit und Weitsicht aus.

* Die Autorin ist Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz

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