Kunst heißt auch Anstrengung (II)

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Das Plädoyer meiner letzten "Federstiche“ für eine Unterscheidung zwischen E wie ernster und U wie unterhaltender Kunst trug mir einige scheele Blicke und spöttische Bemerkungen ein. Spielverderberin, lautete die ungesagte Unterstellung. Spaßbremse. Will nur anstrengende, spröde Konzeptkunst mit Beipackzetteln so dick wie die vielsprachigen User Manuals, die man heute zu jedem Dosenöffner mitgeliefert bekommt. Hab’ ich doch gar nicht gesagt! Es geht nicht um (Ab-)Wertung, es geht um Differenzierung. Aber ich habe schon verstanden. Ich bin in den Fettnapf anrüchiger Antiquiertheit getappt.

Das wurde mir klar, als ich "16 Thesen zur nächsten Gesellschaft“ las, verfasst von einem der prominentesten Soziologen der Gegenwart, Dirk Baecker. Baecker weiß, wie es um die Kunst bestellt sein wird: "Die Kunst der nächsten Gesellschaft ist leicht und klug, laut und unerträglich. Sie weicht aus und bindet mit Witz; sie bedrängt und verführt. Ihre Bilder, Geschichten und Töne greifen an und sind es nicht gewesen.“

Ja, das ist sie, die U-Kunst unserer Zeit, nicht erst die der nächsten Gesellschaft: Legt sich nicht fest, will nichts Bestimmtes, verblüfft, verpufft und ist schon wieder aus dem Gedächtnis verschwunden. Diese Kunst punktet mit Witz und Wirkung: Sie beschwingt, wirkt im Augenblick, setzt dem Moment ein Glanzlicht auf. Das ist nicht gering zu schätzen, das muss man erst einmal können. Darum sehe auch ich gern Jeff Koons und Maurizio Cattelan, amüsiere mich über Sylvie Fleury und Damien Hirst. Ich höre gern Valerie und Pink Martini. Beunruhigend nur, wenn von wissenschaftlicher Seite das Aussterben der Alternative prophezeit wird. Ich mag eben auch Hanne Darboven und Beat Furrer. Doch E geht, U bleibt, sagt der Soziologe. Man wagt nicht zu widersprechen, wenn man einen genauen Blick auf die Gegenwart wirft.

* Die Autorin ist Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz

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