Kunst zwischen privat und öffentlich

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Ich bin im Eck. Wer sich heute im alten Europa im öffentlichen Auftrag um das Sammeln und Vermitteln von Kunst kümmert, der wirkt wie ein unzeitgemäßes Fossil. Relikt einer anderen Ära der Kulturpolitik und -ökonomie. Den Takt diktieren die Privaten. In Deutschland eröffnet ein spektakuläres Privatmuseum nach dem anderen. Kürzlich dominierte in Österreich das neue Museum des Sammlers Liaunig die Medienberichte. Und wenn Dietrich Mateschitz zur Ausstellung in seinen Red-Bull-Hangar ruft, folgt nicht nur Tout le Monde, sondern die Presse macht Seiten frei wie sonst nur für künstlerische Großereignisse.

Eckhard Schneider, gestern noch Direktor des Kunsthaus Bregenz – heute in Kiew. Welche (wie hohe) Lockmittel es für die Übersiedlung aus dem komfortablen Dreiländereck in die Ukraine gebraucht haben muss, darüber kann man nur spekulieren. Ein „reicher Mäzen“ ist es, für den Schneider sich um den Aufbau einer Sammlung und eines Museums kümmert. Der Franzose Jérôme Sans, als Kurator profiliert in den neunziger Jahren, dann Leiter der Pariser Kunsthalle Palais de Tokyo – weg. Nein, nicht weg, sondern aus Europa verschwunden nach Peking als Direktor eines neuen superschicken Kunstzentrums, das – erraten – von Privatleuten finanziert wird.

Also: Nichts wie ab auf die Payroll eines reichen Gönners? Lieber nicht. Zum einen sind die Kontobewegungen der privaten Förderer doch recht unvorhersehbar. Zum anderen aber bleibt den öffentlichen Kunsteinrichtungen die Aufgabe, (sich für) Kunst stark zu machen, die nicht nur als Luxusgut taugt. Das öffentliche Kunstmuseum muss ein Ort sein, an dem nicht nur Kunstwerke gezeigt, sondern auch Impulse zur Reflexion gesetzt werden: Wissensproduktion, die sich im Austausch mit anderen Erkenntnismethoden und mit gesellschaftlichen Wirklichkeiten ausbildet. Das passiert in den Privattempeln nicht. In meinem Eck gibt es viel zu tun.

Die Autorin ist Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz

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