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Fragwürdigkeit des Realismus

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In Otmar Rychliks Jahresmuseum im steirischen Mürzzuschlag werden 1994 „Aspekte des zeitgenössischen Realismus“ gezeigt.

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In Otmar Rychliks Jahresmuseum im steirischen Mürzzuschlag werden 1994 „Aspekte des zeitgenössischen Realismus“ gezeigt.

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In der Krisenregion der Obersteiermark — in Mürzzuschlag — steht ein Kunsthaus, das als Zeichen eines Neubeginns verstanden werden will. Ursprünglich war es eine Kirche, die Mitte des 17. Jahrhunderts von den Franziskanern auf Einladung der Bürger der Stadt errichtet worden ist, in der josephinischen Zeit verlassen wurde und in der Folge verschiedenen Nutzungen wie Militärunterkunft und Malzdörre einer Brauerei zugeführt worden war.

Die seit 1985 denkmalgeschützte Kirche wurde für die Nutzung als Kunsthaus von einem Gerüst aus Plattformen, Treppen und Rampen umgeben und mit einer leicht demontierbaren Glashaut überzogen.

Das Kunsthaus beherbergt ein Jahresmuseum, was heißt, daß eine permanente Ausstellung über ein Jahr hin gezeigt wird. 1994 „Aspekte des zeitgenössischen Realismus“. Ein Thema, das sich beliebig verkleinern und erweitern läßt, sind doch Realismen immer fragwürdiger geworden. Wie es viele Realitäten gibt, gibt es auch viele Realismusbegriffe.

Die Fragwürdigkeit drückt sich bei den gezeigten Künstlern dadurch aus, daß Themen paraphra- siert werden.

Anstelle der unendlichen Säule von Constantin Brancusi steht eine Kette von Bananen („Bana- na-Snake“ von Georg Dokoupil). Die in Wien lebende amerikanische Künstlerin Christy Astuy zeigt überdimensionale Pferdeporträts, wie sie auch auf zahllosen Postkarten zu finden sind. Die Titel „Sexy“ und „Beauty“ beinhalten ein wenig von der Kritik am Heroenkult mit Rassepferden, doch letztlich bleiben die Arbeiten zu harmlos, um diese Kritik auch wirklich wirksam vorbrin gen zu können.

Otmar Rychlik, für die Ausstellung verantwortlich, möchte mit seiner Auswahl die Grenze zwischen Realität und Irrealität, Rationalismus und Irrationalismus aufspüren, den Zerfall dör komplexen Traditionen zugunsten der Zusammensetzung neuer, widersprüchlicher, individueller Weltbilder anhand von Meisterwerken darstellen. Wenn darunter die meisterliche Beherrschung des Handwerklichen verstanden wird, dann handelt es sich wohl um Meisterwerke, sollte aber Kunst — nach Ernst Bloch - „nach vorne formen“, dann sucht man sie in dieser Ausstellung vergeblich. Dazu sind diese Werke zu re-aktionär.

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