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Hymne an die medizinische Venus

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In der Wiener Galerie Knoll stellt die ungarische Künstlerin Orshi Drozdik medizinische Wachsmodelle in den Mittelpunkt einer Installation - bis 19. November.

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In der Wiener Galerie Knoll stellt die ungarische Künstlerin Orshi Drozdik medizinische Wachsmodelle in den Mittelpunkt einer Installation - bis 19. November.

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Fasziniert von der Schönheit und Aussagekraft der anatomischen Modelle des 18. Jahrhunderts - insbesondere einer zerlegbaren Frauengestalt im Wiener Josephinum, genannt „medizinische Venus“ - ließ die aus Ungarn stammende Künstlerin Orshi Drozdik ihre persönlichen Eindrücke in ihr Kunstwollen einfließen. Zur Zeit der Aufklärung hatten in Florenz und Bologna Künstler für das Medizinstudium detailgetreue Wachsmodelle gebaut, die auch Goethe entzückten und Kaiser Joseph II. zum Erwerb anregten.

In einer vielteiligen Installation im Hauptraum der Galerie Knoll zeigt Drozdik Detailaufnahmen von sechs verschiedenen Venus-Modellen und dazukomponierte Texttafeln, auf denen die Venus, Ur- und Sinnbild der Weiblichkeit, ihre Liebeserklärung an den sie zerlegenden Chirurgen, ihren Peiniger und ihren Lustbringer, singt.

Eine Flut von in Silberteller eingravierten lasziven Texten in englischer Sprache - die Künstlerin lebt seit einigen Jahren in den USA - ergießt das Liebesweh des jugendlichen, noch mit Perlen geschmückten Leichnams auf den Betrachter. Wie sehr sich die Künstlerin mit der schönen l oten identifiziert, wird angesichts der lebensgroßen Wachsfi gur, einer Abformung von Drozdiks eigenem Körper in Hingabe und Verzückung, voll bewußt.

Mit der um den Hals geschlungenen Perlenkette nimmt sie Bezug auf die historische Puppe, mit der platinblonden Perücke verweist sie auf das Hollywood-Idol der fünfziger und sechziger Jahre. Oskar Kokoschkas expressionistisches Drama „Mörder, Hoffnung der Frauen“ drängt sich assoziativ auf.

Ästhetisch faszinierend und seelisch tief berührend präsentiert sich diese Installation aus Fotografie, Text und Skulptur dem Betrachter, der damit auch Einblick in die zeitgenössische feministische Kunstproduktion gewinnt.

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