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Als Schwarze in Ravensbrück

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In romanhafter Form wird hier das bislang unbeachtet gebliebene Schicksal schwarzer Frauen und Männer im Dritten Reich aufzuarbeiten versucht.

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In romanhafter Form wird hier das bislang unbeachtet gebliebene Schicksal schwarzer Frauen und Männer im Dritten Reich aufzuarbeiten versucht.

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An die 2.000 schwarze Männer imd Frauen, die aus den besetzten Gebieten nach Deutschland verschleppt wurden, kamen in Konzentrationslagern und anderen Vernichtungslagern ums Leben.

Dieser eher unterbeleuchteten Seite des industrialisierten Verbrechens hat die Schauspielerin, Journalistin und Schriftstellerin Michele Maillet, geboren auf Martinique in der Karibik, ihren Roman „Schwarzer Stern" gewidmet. Dem Roman zugrunde gelegt sind Berichte von Uberle-Denden sowie historische Untersuchungen. Maillet schrieb den Roman in Form eines Tagebuchs der Hausangestellten Sidonie Hellenon, die den Traum vieler schwarzer Unterdrückter träumt: sich assimillieren mit den Weißen, um kulturell aufzusteigen. Umso größer ist ihr Entsetzen, daß sie 1943 verhaftet und über Umwege nach Ravensbrück deportiert wird.

Während der Erniedrigungen durch Transport und Lagerschikanen reift in ihr eine neue Identität. Sie wird sich ihrer schwarzen Tradition in aller Zwiespältigkeit bewußt: „Ganz tief in uns .. .lebt ein unterworfener Schwarzer und ein rebellischer, unbeugsamer Schwarzer. Welcher von beiden wird die Führung übernehmen?"

Es mag schon sein, daß solche Reflexionen eher romanhafte Erfindungen einer späteren Generation sind, die über die körperU-chen und seelischen Verwundungen ihrer Vorfahren nachdenkt. Doch gleichzeitig ist genau dieser Satz die treffende Beschreibung eines Istzustands.

Einen Roman, der die unge-heuerhchsten Verbrechen zu beschreiben sucht, nur nach literarischen Kriterien beurteilen zu wollen, wäre unmoraHsch. Und so ist denn auch Michele Maillets Roman „Schwarzer Stern" kein H-terarisches Meisterwerk, dafür jedoch ein engagierter Aufruf, in dieses dunkle Kapitel europäischer Zeitgeschichte Licht zu bringen.

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