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Ethos dichterischer Aussage

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DEB GRASEL. Volksstück in fünf Akten. Von Siegfried Freiberg. Heimatland-Verlag, Krems. 162 Seiten. Preis 40 S.

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DEB GRASEL. Volksstück in fünf Akten. Von Siegfried Freiberg. Heimatland-Verlag, Krems. 162 Seiten. Preis 40 S.

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Siegfried Freiberg, der sich schon in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg als Dramatiker, Erzähler und Lyriker einen Namen gemacht hatte, fand nach dem zweiten Weltkrieg über die Grenzen Österreichs hinaus die ihm gebührende Anerkennung. So verlieh ihm auch die UNESCO den ersten Preis für Dramatik.

Im Schauspiel „Das kleine Weltwirtshaus“ hält Freiberg eine in volkstümlicher Art gehaltene, aber gerade deshalb ungemein wirksame Abrechnung mit den dämonischen Gewalten, die bis 1945 Schrecken und Grauen heraufbeschworen. Mit dichterischem Einfühlungsvermögen erfaßt Freiberg das Volkstümliche und bringt es suggestiv zur Darstellung. Er schaut seinen Mitmenschen ins Herz, er läßt sich nicht von äußerem Glanz, von irgendeiner Aufmachung blenden, sondern für ihn ist der mit den Sorgen und Nöten des Alltags ringende kleine Mann wirklich der Nächste, der Bruder, der nicht übersehen werden dar!

In diesem Geist hat Freiberg auch ein Stück verfaßt, welches das Schicksal Graseis, des berüchtigten Räuberhauptmannes aus dem nördlichen Waldviertel, zum Vorwurf hat. Als Dichter schöpfte Freiberg auch hier aus dem Volksgut, wobei es ihm gelang, manche Züge des geschichtlichen Graseis in die dramatische Darstellung einzubeziehen. Die Gestalt Graseis, der, das Verbrecherische seines Treibens erkennend, ein neues Leben beginnen will, aber diesen entscheidenden Schritt nicht zu tun vermag, hat etwas Tragisches. Dies gilt vor allem für den Weg der Läuterung, der sich ihm erst in der Gefangenschaft, unmittelbar vor seiner Hinrichtung, eröffnet. Somit handelt es sich um ein Volksstück, das Sage mit den tatsächlichen Geschehnissen verknüpft, soziale Probleme ins rechte Licht rückt und mit urwüchsigem Humor ebenso das Leben der Begüterten wie jener kleinen Leute schildert, die keinen Anteil an den irdischen Glücksgütem haben.

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