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Falsche Freiheit

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DIE GLEICHGÜLTIGEN. Von Alberto Mort.lt. Rowohlt-Verla , Hamborg. 1963. 311 Seiten. Preis 23.20 S.

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DIE GLEICHGÜLTIGEN. Von Alberto Mort.lt. Rowohlt-Verla , Hamborg. 1963. 311 Seiten. Preis 23.20 S.

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Im Jahr 1929 erschien in Italien ein Roman, der zunächst größtes Aufsehen erregte, glühende Begeisterung, aber ebenso heftige Ablehnung hervorrief und bald von den Faschisten verboten wurde — Mora- vias Erstlingsroman „Die Gleichgültigen“.

Was vermag uns heute dieser Roman noch zu sagen, der den moralischen und sittlichen Niedergang einer Familie schildert, die als Symbol für das korrupt gewordene Bürgertum steht? Für den Literaturhistoriker mag er von großem Interesse sein, denn thematisch wie formal enthält der Roman bereits alle Elemente, die für Moravias ganzes Werk charakteristisch sind. Vor allem aber wird von dem Autor hier erstmalig ein Lebensgefühl fixiert, das erst viele Jahre später allgemein wurde und das man „existentiali- stisch“ genannt hat: die Verzweiflung des Menschen, der seine Freiheit absolut setzt und sich vom Nichts hypnotisieren läßt. Alle im Roman auftretenden Menschen leben in der Hölle der Gleichgültigkeit, unfähig, zu lieben und zu hassen oder sich zu irgendeiner Willensentscheidung aufzuraffen. Sartres Gedanken in seiner Romantetralogie „Die Wege der Freiheit“ werden bereits weitgehend vorweggenommen.

Darüber hinaus aber zeigt der Roman — und das ist von größerer Bedeutung, ist doch der Existentialismus als literarische und das Leben beeinflussende Bewegung überwunden — mit großer Eindringlichkeit, wie das Böse notwendigerweise Traurigkeit nach sich zieht und daß als Surrogat für die verlorengegangene Fröhlichkeit Unterhaltung und Betriebsamkeit, die mit tiefer Lethargie abwechseln, gesucht werden. Und so gesehen hat der Roman auch heute seinen Wert.

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