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Feind der Heuchler

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Man unterläßt die Heuchelei. Man redet, was man denkt" .ist der Leitspruch jenes „Menschenfeindes", der in üblicher Benennung zumeist „Der Misanthrop" heißt. In der gut sprechbaren deutschen Übertragung von Molieres Werk durch Jürgen Gösch und Wolfgang Wiens rollt die Tragödie zwischen Alceste und Celimene ab, zwischen zwei Liebenden, deren unterschiedliche Charaktere keinerlei Aussicht auf ersprießliche Gemeinsamkeit aufkommen lassen. Sie - flirter-probt, gesellschaftsbewußt, im Kampf gegen konkurrierende Geschlechtsgenossinnen auch nicht die feine Klinge führend, er — schon eingangs den befreundeten Dichter mit „Was sich reimt, das braucht man nicht zu fühlen" aburteilend, sturschädelig, jäh aufbrausend und gleichzeitig Wachs in den Händen seiner Angebeteten: Man spürt, das kann nicht gut gehen.

Und da gibt es noch die Ebene der generellen Kritik an den eingeschliffenen Formen der Un-aufrichtigkeit, der gesellschaftlichen Heuchelei, des bösartigen Tratsches, die für manche Menschen so lebensnotwendig sind wie die Luft zum Atmen. In der Inszenierung Matthias Hartmanns sind die Sympathien klar verteilt, sie sind bei Alceste, dem Unangepaßten, sie gelten der offenen Auseinandersetzung und kommen sogar im Streit zwischen Celimene und der eifersüchtigen Arsinoe auf. Umso verstörter entläßt einen der Stückschluß mit Alcestes Abkehr von seiner flatterhaften Angebeteten.

Oliver Stokowski in der Titelrolle, Joseph Lorenz, Franz J. Csencsits, Michael Botschopf und Johannes Krisch als Freund-Feinde und Andrea Clausen (kurzfristig eingesprungen), Sabine Orleans und Tamara Metelka sind mit Intensität und Engagement-dabei.

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