Märchenprinz aus Margareten

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Thomas Glavinic macht Theater. Der österreichische Erfolgsautor bespielt nach Buch, Fernsehen, Radio und Sozialen Medien nun das Volx/Margareten. Die zweite Spielstätte des Wiener Volkstheaters hat sich bisher zum Erproben neuer Talente bewährt. Mit "Mugshots" adaptiert und inszeniert Glavinic erstmals selbst eine seiner Erzählungen.

Nach einer durchzechten Nacht wacht Christoph (Christoph Rothenbuchner), jung, erfolgreich und mit einem Faible für ausgefallene Wurst- und Käsesorten, neben Anastasia (Nadine Quittner), der ukrainischen Sexarbeiterin, auf. Man rekonstruiert die vergangenen Stunden und Christoph muss erfahren, dass er der hübschen Nasti die Befreiung aus den Fängen des üblen Zuhälters Joe versprochen hat. Die Begeisterung über die eigene Courage sinkt jedoch proportional zum Abbau des Blutalkohols, die geplante Heldentat gerät zusehends ins Stocken.

Das knapp 75-minütige Kammerspiel ist schnörkellos inszeniert, Glavinic beweist eine ruhige Regiehand. In der engen Wohnlandschaft (Bühne: Hans Kudlich) lässt er den beiden Schauspielern viel Raum zwischenmenschliche Nähe aufzubauen. Es sind vor allem die nonverbalen Gesten und unbedeutenden Wortwechsel, die gut funktionieren. Der Rest gerät langatmig und nichtssagend. Gerade da, wo der Abend wieder Fahrt aufnehmen sollte, fehlt es dramaturgisch und inhaltlich an schlüssigen Wendungen. Schon nach wenigen Minuten ist die simpel gestrickte Handlung fertig erzählt. Die Mischung aus modernem Märchen, aktuellen Themen und gesellschaftskritischem Unterton will nicht gelingen. Menschenhandel und Gewalt lassen sich einfach nicht über diese hanebüchene Pretty Woman-Geschichte vermitteln.

Vor allem viel Glavinic

Glavinic' Romane werden von Kritik und Publikum ob seiner narrativen Wandelbarkeit und den vielschichtigen Anspielungen auf reale Personen und Situationen geschätzt. Es steckt auch viel Glavinic in dieser Inszenierung. Weniger vom Werk und dessen eloquenter Erzählkunst als von der Person Glavinic selbst. All die jüngsten Aufregungen rund um den medial so präsenten Autor sind darin verpackt. Anspielungen auf die Kommentare zu seinen Facebook-Meldungen über den Bundespräsidentschaftswahlkampf oder die Sexismusvorwürfe nach seinen Verbalentgleisungen gegen die diesjährige Bachmann-Publikumspreisträgerin Stefanie Sargnagel. "Ich bin kein Sexist, im Gegenteil, mir war Achtung vor Frauen immer wichtig" heißt es da im Stück.

Mugshots nennt man die Fotoaufnahmen Verhafteter in den USA. Sie stellen bloß und zeigen die ungeschminkte Wahrheit. Dieser Mugshot hat nicht das Potential zur Offenbarung. Immerhin gibt er den Fans seichter Romantikkomödien eine wichtige Botschaft mit auf den Weg: Vertraue keinem Märchenprinzen aus Margareten.

Mugshots

Volx/Margareten, 12., 13. Jänner

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