Makellose Weiblichkeit

19451960198020002020

"The Danish Girl" ist ein Mann. Der ist aber nicht der Star dieses Films, der sich einer frühen Intersexuellen widmet.

19451960198020002020

"The Danish Girl" ist ein Mann. Der ist aber nicht der Star dieses Films, der sich einer frühen Intersexuellen widmet.

Werbung
Werbung
Werbung

Der verführerische Augenaufschlag wirkt gewollt einstudiert, die Sanftmut in der Bewegung ist abgeschaut von den Geschlechtsgenossinnen, die markanten Gesichtszüge mit viel Make-up dezent verweiblicht. Wenn Eddie Redmayne alias Lili Elbe in opulenten Frauenkleidern über die Leinwand stakst, dann sehen wir einen Schauspieler, der einen Mann spielt, der lieber eine Frau sein würde. Wir sehen sogar einen sehr gut agierenden Schauspieler, aber wir sehen nicht diese Figur, denn er spielt sie nur, er ist sie nicht.

Redmayne, bereits für "Die Entdeckung der Unendlichkeit" oscarprämiert, hat dennoch viel Lob für seine Rolle als Einar Wegener, den er in "The Danish Girl" von Tom Hooper darstellt, kassiert. Es ist die sensibel erzählte Geschichte eines Künstlers, der eine Entdeckung über sich selbst macht, die er nicht für möglich gehalten hätte, und der er schließlich mit jeder Faser seines Körpers verfällt. Wegener war in den 1920er-Jahren tatsächlich einer der ersten intersexuellen Menschen, die auch die physische Umgestaltung zur Frau wagten. Im Zuge seiner zahlreichen Operationen ist er schließlich 1931 auch verstorben.

Geisteskrank oder nicht?

Denn in der damaligen Medizin waren Geschlechtsumwandlungen absolutes Neuland und trotz der relativ offenen Kopenhagener Gesellschaft ausnahmslos geächtet. Die Ärzte erzählten Wegener der Reihe nach, für wie geisteskrank sie ihn hielten.

Auch seine Ehefrau Gerda (Alicia Vikander), ebenfalls Malerin, hat schwer damit zu kämpfen, die Neigung ihres Mannes zu ertragen. Schließlich war sie es, die ihn darauf gebracht hat: Als ihr eines Tages ein Modell für ein Bild ausfällt, bittet sie rasch Einar, ihr mit angehaltener Damenrobe Modell zu sitzen; ein magischer Moment für Einar, der die Sanftheit des Kleidungsstoffes gleichsetzt mit einem unverhofften Übertritt in eine scheinbar makellose Weiblichkeit.

Ein plötzlicher Geschlechtswandel

Erst von da an will er zur Frau werden, und Gerda wird ihm auf diesem Wege viel gestatten, auch, wenn sie den plötzlichen Geschlechtswandel nicht versteht, der auch mit einer Zuneigung zu Männern einhergeht.

Die Filme von Tom Hooper ("The King's Speech") sind selten aufregend oder innovativ inszeniert. Hooper nimmt sich stets zugunsten seiner Schauspieler zurück und leitet sie als braver Handwerker an. Der geplante Coup mit Redmayne als Frau auf Oscar-Kurs wird vielleicht aufgehen, gerecht wäre das aber nicht: Zu sehr müht sich der Schauspieler, Weiblichkeit zu imitieren, anstatt sie von sich Besitz ergreifen zu lassen. Der eigentliche Star ist seine Filmehefrau Alicia Vikander: Während die dramaturgische Seite von "The Danish Girl" eher unspektakulär vor sich hinplätschert, ist es die Wucht dieser wunderbaren Frau, die optisch wie emotional packt und den Zuschauer mitnimmt in eine letztlich gebrochene Frauenseele. Redmayne hätte die Frau in sich bestimmt gefunden, hätte er mehr auf seine Gerda gehört.

The Danish Girl

USA/GB/D 2015. Regie: Tom Hooper. Mit Eddie Redmayne, Alicia Vikander, Ben WhishawFilmladen. 120 Min.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung