Malen können wie Courbet …

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Kunst braucht Zeit - um meine erste Kolumne in diesem nicht mehr ganz brandneuen Jahr mit einem Credo beginnen zu lassen. Was auch Zeit braucht, die sich ebenso lohnt wie die in Kunstbetrachtung investierte, sind Jahresrückblicke. Zeit des Innehaltens, Revue-passieren-Lassens, sonst, mein Gott, habe ich heute schon vergessen, was gestern war.

Wie viele Ausstellungen habe ich im vergangenen Jahr gesehen? Nachzählen wäre zu mühsam. Welche haben sich eingeprägt? Schwerer und schwerer haben es die großen Gruppenschauen, die Biennalen aller Art und aller Orte. Selbst wenn sie nicht so belanglos sind wie die Berlin Biennale 2008, sondern mit Verve und Präzision kuratiert wie die zahlreichen Stationen der Manifesta letzten Sommer in Trento und Südtirol. Die herausragenden Arbeiten, die Entdeckungen neuer Positionen nehmen ab. Ich verbuche das als, nein, nicht Alters-, sondern Midlife-Phänomen, dieses ganz und gar nicht willkommene, ja unsympathische Alles-schon-mal-dagewesen-Gefühl, das mich in diesen ausladenden Revuen zu oft befällt.

Doch kaum haben Einzelpositionen Raum, stehen sie singulär, schon erwacht die (Neu-)Gier. Vergangenes Jahr entdeckt in Galerien zwischen Wien und Montreal: Johannes Vogl, Isa Schmidlehner, Nancy Davenport. Oldies but Goldies: Günther Förg in Klosterneuburg, Alex Katz, immer wieder bezaubernd, in Berlin. Und die wahren Highlights? Die drei Plätze auf dem Stockerl gehen an "Une Semaine de Bonté" von Max Ernst in der Albertina, Mark Rothko in München und an den Sieger mit komfortablem Abstand: Gustave Courbet im Metropolitan Museum in New York. Courbet, wie man am Schauplatz sagen würde, blew me away. So malen können, mit solch einem politischen Kopf … Courbet war es auch, der erkannt hat: Sobald man sich nicht mehr über mich erregt, bin ich passé. Ob das heute noch gilt? Auch dies eine Überlegung wert.

Die Autorin ist Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz

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