Maskenball der Kleinbürger

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Augen zu, Ohren auf: Nur so konnte man Verdis Oper "Un ballo in maschera" zur Saisoneröffnung am Tiroler Landestheater in der Originalsprache fast ungetrübt erleben; was aber die deutsche Regisseurin Barbara Beyer im Verein mit der Ausstatterin Bettina Munzer auf die Bühne brachte, hatte mit dem Werk nur wenig zu tun. Die Texte der spärlichen deutschen Übertitel demaskierten eine nicht nur sprachliche, sondern geistige Verformung. Man zensurierte Verdi nach der einstigen Zensur Neapels nochmals und schlimmer: Kein König Gustav, kein Gouverneur, sondern ein depressiver Kleinbürger von heute (oder gestern?) ist dieser Riccardo (Alexander Fedin mit metallischem Tenor), der sein banales Dreiecksverhältnis inmitten einer proletarischen Gesellschaft im öden Einheitsbühnenbild einer Werkskantine auslebt.

Dass dabei dramatische Situationen ad absurdum geführt werden, Musik und Handlung auseinanderklaffen, war die logische Folge. Qualitätsstimmen versöhnten mit der desolaten Szene: Ludmilla Slepneva als expressive Amelia, Elena Batoukova als Ulrica mit Edelmezzo, der herzhafte Renato Carlo Hartmanns. Page Oscar ist zu einer schlampigen Putzfrau mutiert, doch Birgitte Christensen macht das mit spritzigen Koloraturen fast vergessen. Mit jugendlichem Schwung dirigiert Patrick Furrer das tadellose Innsbrucker Orchester und den von Claudio Büchler sorgfältig studierten Chor. Das Publikum differenzierte genau: Jubel für die musikalischen Interpreten, ein schrilles Buhkonzert für die Inszenierung.

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