Mitspieler und Maßstäbe

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Peinlich für die ÖVP? Zweifelsohne. Aber nicht nur. Der tagelange Countdown zur Inthronisierung von Erwin Pröll als Präsidentschaftskandidat ist auch ein Menetekel für den Journalismus. Für das, was nach Bekanntwerden des finalen Abwinkens aus St. Pölten der Volkspartei an Unfähigkeit vorgeworfen wird, waren viele heimische Medien die Steigbügelhalter. Da hat nicht bloß die politische Kommunikation der Schwarzen versagt: Sie war erst möglich durchs Mitspielen von Zeitungen, Radio, Fernsehen.

Wenn Ö3 zu Dreikönig eine Null-Antwort von ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald im O-Ton ausstrahlt, mag das der Hilflosigkeit eines Hitsenders in nachrichtenarmer Zeit geschuldet sein. Dass Ö1 diese Nicht-Information noch ausführlicher bringt, kratzt allerdings enorm am Image des vielgelobten Leitmediums. Es hat mitgespielt, anstatt durch Enthaltsamkeit den qualitativen Maßstab zu setzen.

Der Herdentrieb ist insgesamt eines der größten Probleme im heimischen Journalismus. Aufgrund der geringen Medienvielfalt unterliegen ihm mitunter auch jene Marktteilnehmer, die in einer anderen Liga spielen sollten. Dieses inhaltliche Selbstverständnis des öffentlichen Rundfunks ist im ORF nach 20 Jahren vor allem ökonomischer Wettbewerbsorientierung gefährdeter denn je.

Heute bieten zwar angeblich soziale Netzwerke alle Möglichkeiten eines Regulativs, doch diese Chance wird zu wenig genutzt. Auch das Internet insgesamt ist nicht jenes Demokratisierungsinstrument, als das es optimistische Visionäre unaufhörlich preisen. Im Gegenteil: Facebook &Twitter waren auch in Sachen Pröll eher Turbo als Bremse für Fehleinschätzungen. Umso wichtiger erscheint die öffentlich-rechtliche Rückbesinnung: Trotz des aberwitzig allumfassenden Info-Wettlaufs ist das Tempo einer verlässlichen Nachricht zweitrangig. So wie die Quote gegenüber der Qualität.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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