Mordsspaß, ganz ernst genommen

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Die doppelbödige Wirtshausoper "Heimatlos" von Reinhard P. Gruber und Anton Prestele wurde am Linzer Landestheater vom Komponisten schlüssig inszeniert.

Uraufgeführt 1985 in Graz, hat die als "eine steirische Wirtshausoper in einem Rausch" bezeichnete Schauspieleroper "Heimatlos" nach einem Libretto von Reinhard P. Gruber einen Siegeszug über mehr als 30 Bühnen hinter sich gebracht, darunter auch das Burgtheater, und ist nun auf den Brettern der Linzer Kammerspiele in der rundum geglückten Inszenierung von Anton Prestele gelandet; der gebürtige Bayer hat an der Grazer Musikhochschule sein Kompositionsdiplom mit Auszeichnung gemacht und lebt in München.

Schauplatz der Handlung ist eine ländliche Wirtsstube (Bühne und Kostüme: Florian Angerer) mit einem Balkon für das kleine Orchester. Hier dreht sich alles um die appetitliche Kellnerin Maria (Susanna Kellermayr). Sie wird gleich von drei Männern begehrt: vom dicken Wirt Seppl (Erich Josef Langwiesner), dem arbeitslosen Erhard (Manuel Klein) und dem feschen Jäger Hubert (Georg Bonn) in seinem überspitzten Outfit, allesamt archetypische Figuren, entsprechend dem Regiekonzept Presteles.

Hinzu kommt noch die Figur der auf Maria rasend eifersüchtigen Ehefrau Huberts, die Sennerin Friedi (Katharina Solzbacher), die (nicht ohne Grund) ein Techtelmechtel der beiden befürchtet. Ob sie ahnt, dass ihr Mann der Vater des Babys ist, das man aus dem Off schreien hört?

Schon glaubt Erhard, Maria für sich gewonnen zu haben, als er erkennen muss, dass sie ihn nur für ein Ablenkungsmanöver missbraucht hat. Allein und ohne Arbeit, ohne Vater, den er nicht kennt, ohne Mutter, die ihm früh verstorben ist und keinen Knopf mehr in der Tasche, um sich wenigstens eine Suppe kaufen zu können, singt er die "Arie von der unglücklichen Kindheit" und besingt eine "Rindsuppen mit schneeweiße Nudeln drin".

Also schreit er seine Verlassenheit und Not heraus: "Wo bin i no dahaam?" Er ist heimatlos in seiner Heimat, hat den Boden unter den Füßen verloren. Und kein zweiter ist da, um ihn aufzufangen und zu tragen. Die Situation eskaliert und endet mit vier Leichen - vom Liebes- zum Blutrausch. Von der Komödie zur Tragödie. Not und Wahrheit sind immer nackt.

Prestele, der auch als unaufdringlicher Erzähler fungiert, gelingt eine unterhaltsame und spannende Inszenierung, in der er sich sowohl durch feinnervige Personenführung wie als subtiler Leiter seiner sieben stimmig musizierenden Instrumentalisten erweist, die manche Farbklänge seiner Komposition zum Leuchten brachten. Besonders gut gefallen konnte Manuel Klein durch seine berührende, komisch-traurige Darstellung des arbeitslosen Erhard.

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