Mozart-Häferl mit Goldrand

Werbung
Werbung
Werbung

Grundsätzlich sollte man vermeiden, Dinge zu verschenken, die man hässlich findet, von denen man aber annimmt, sie würden den Geschmack des Beschenkten treffen. Neulich ertappte ich mich auf dem Wiener Flughafen beim Kauf eines Souvenirhäferls mit Mozart-Konterfei.

Ich war auf dem Weg nach Russland, zu meinem zweiten Besuch in Murmansk, und das Häferl sollte ein Geschenk sein für jemanden, der mir bei meiner ersten Reise weidlich fremd geblieben war: für einen sowjetischen Hochsee-Kapitän. Ich muss ihn sowjetisch nennen, denn in der Sowjetunion ist er aufgewachsen, unter sowjetischer Flagge hat er die arktischen Gewässer befahren. Dann wurde aus seinem Land die Russische Föderation, und sein Schiff, die Lenin - der erste Atomeisbrecher der Welt! - stillgelegt, seiner Brennstäbe beraubt und im Hafen von Murmansk abgestellt. Dort ist sie jetzt Museum. Was brachte mich auf die Lenin? Eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst, die ich mitgestalten durfte.

Der Kapitän führt ein Kapitänsleben als-ob. Er wohnt in der Kapitänskajüte und befehligt den Vizekapitän sowie eine Mannschaft, welche die Lenin in Schuss hält. In der Kombüse kochen drei tüchtige Köchinnen täglich warmes Mittagessen, ganz köstlich übrigens, Erdäpfelsuppe, eingebrannte Rüben oder faschierte Laibchen. Wie um seine erzwungene Sesshaftigkeit zu affirmieren, hat der Kapitän sich ein passendes Hobby zugelegt: Er sammelt Kaffeehäferl. Weil ich gutes Wetter für unsere Kunst-Invasion machen wollte, musste ein Häferl her. In letzter Minute vor Abflug griff ich zu Mozart mit Goldrand.

Und dann hatte ich das falsche Visum im Reisepass, und mir wurde die Einreise verweigert. Als Memento einer Beziehung, die nie so recht Fahrt aufgenommen hat, bleibt mir ein hässliches Häferl.

Die Autorin ist Direktorin des Kunstmuseums Lentos in Linz

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung