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Regisseure des Klanges

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Glauben Sie wirklich, daß ein Kaffee-Automat notwendigerweise so klingt wie er klingt? Der Klang, den Sie hören, überdeckt ein noch unangenehmeres Geräusch! Sound Designer können Computer weniger abschreckend piepsen und Telefone einladender klingeln lassen, das akustische Bild der Wohnviertel bestimmen und die bis zu 160 Tonspuren im Film bearbeiten.

Die Oscar-Disziplin Sound-Design - Komponieren mit konkreten Klängen - ist Ausbildungsinhalt des derzeit dreijährigen Tonmeisterlehrgangs der Wiener Hochschule für Musik und eines ihrer wenigen marktgerechten Studien. Die jährlich rund 15 Absolventen arbeiten im Rundfunk, im Theater oder brauchen das erworbene Wissen in Randbereichen ihrer Tätigkeit als Chorleiter und Komponisten. „Es bringt mich auf neue Denkweisen”, sagt der Komponist Otto M. Zykan.

Tonmeister sind Dirigenten vergleichbar, sie sind genausoviel Interpret wie die anderen Mitwirkenden, sie entscheiden, welche Aufnahmetechniken eingesetzt werden, sie realisieren die schwer formulierbaren Vorstellungen der Komponisten. Die klassische Musikaufnahme macht nur fünf Prozent von deren Arbeit aus. Ein Tonmeister schafft Sprachräume, restauriert Bänder, gestaltet Fernsehshows mit.

„Am Ton wird immer eingespart, in Vergleich zur Bildqualität ist die akustische Qualität erschreckend schlecht”, erzählt der Medienkomponist Professor Klaus-Peter Sattler. Die Kosten der Ausbildung im Ton sind dafür aber achtmal höher als jene der Filmausbildung.

„Wir werden immer gefragt: Wieviele Leute könnt Ihr denn überhaupt unterbringen? Eine Frage, die man anderen Studienrichtungen — etwa den 200 Pianisten - nicht stellt”, sagt Lehrgangsleiter Axel Seidelmann. „Der Tonmeister wird nur wahrgenommen, wenn er Fehler macht.” Seidelmann hat ein Jahr lang Argumente und internationale Stimmen gesammelt, die die dringend benötigte Anerkennung des Lehrgangs als reguläres Studium unterstützen. „Wenn die Realisierung gelingt, ist Wien ein Spitzenplatz in der Welt sicher”, meint Hans-Ulrich Werner vom WDR.

Bis jetzt kann sich in Österreich jeder Tonmeister nennen, die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt -im Unterschied zum Toningenieur. In der EU werden Tonmeister mit Spezialanforderungen gesucht.

Der angestrebte neue Studienplan bietet in fünf Jahren „Aufnahmeleitung und Klangregie” sowie „Bildton und Sounddesign”. „Man muß die Verwendung der Geräte genauso beherrschen lernen wie ein Instrument”, begründet Seidelmann die

Dauer. Vier Professoren sind mit je einer Million Schilling veranschlagt, Vorbild ist der deutsche Tonmeister, der als Begriff in den angelsächsischen Bereich übernommen wurde.

Schon weigern sich internationale Ensembles - die ZDF-Bigband oder das Arditti-Quartet, mit österreichischen Tonmeistern zu arbeiten, das Alban Berg- Quartett läßt sich tonlich vom Leiter des Berliner Studiengangs meistern.

Ein österreichisches Versäumnis: Schon in den zwanziger Jahren erprobten österreichische Komponisten wie der Elektronikpionier Max Brand neueste Tontechniken.

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