Negative Begierde nach Geld und Ehre

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Thema: gut leben

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Wir Juden haben gerade den Versöhnungstag des neuen Jahrs 5771 hinter uns. Dieser höchste jüdische Feiertag ist dem Thema #Schuld, Reue und Versöhnung# gewidmet und mahnt uns, dem Leben eine neue, bessere Richtung zu geben. Mosche Chaim Luzzatto (1707#1746) hat lange darüber nachgedacht, wie wir Menschen den richtigen Weg im Leben finden. Zu seiner Zeit mehrmals exkommuniziert, ist er heute ein Klassiker jüdischer Frömmigkeitsliteratur geworden.

Einen großen Fallstrick machte Luzzatto in unseren Begierden aus. Wir quälen uns mit ihnen bis zu unserem Tod. Auch die Weisen lehrten uns (Kohelet Rabba 1,13): #Keiner stirbt und hätte seine Begierde auch nur zur Hälfte gestillt#. Am Versöhnungstag sollen wir uns dieser Begierden besonders bewusst werden und begreifen, dass der Mensch in einen schweren Kampf verwickelt ist.

Unsere Begierden richten sich in besonderer Weise auf Geld und Ehre. Beide bringen viel Unglück. Das Verlangen nach Geld macht jede Tätigkeit des Menschen zur Fronarbeit. Denn #Wer das Geld liebt, wird am Geld nie satt# (Dtn 30,13). Außerdem bringt es ihn von seinen religiösen Pflichten ab.

Noch schlimmer ist die Ehrsucht. Man kann vielleicht die Begierde nach Geld und anderen Genüssen unterdrücken, aber die Ehrsucht setzt sich durch, sie ist für das Menschenherz ein stärkeres Motiv als jede andere Lust und Leidenschaft. Unerträglich ist dem Betreffenden der Gedanke, er könne unter anderen stehen.

#Ohne dieses Verlangen wäre jeder damit zufrieden, satt zu essen zu haben, mit Kleidung seine Blöße zu bedecken und ein Dach über dem Kopf zu haben, das ihn vor dem Wetter schützt.# Deshalb sollten wir im gerade begonnenen Jahr den Rat beherzigen: #Liebe die Arbeit und hasse die Würde# (Sprüche der Väter I, 10).

* Der Autor, Rabbiner, leitet das Abraham-Geiger-Kolleg in Berlin

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