Odysseus läßt die Puppen tanzen

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Monteverdis "Il Ritorno d'Ulisse": musikalisch und szenisch beeindruckendes Puppentheater.

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Monteverdis "Il Ritorno d'Ulisse": musikalisch und szenisch beeindruckendes Puppentheater.

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Ein alter Mann phantasiert auf seinem Sterbebett, der in seine Heimat Ithaka zurückkehrende antike Held Odysseus zu sein. So zumindest legt Regisseur William Kentridge "Il Ritorno d'Ulisse" von Claudio Monteverdi aus - ein Werk, das in Fachkreisen als die erste Oper der Musikgeschichte gehandelt wird. Wenn Odysseus am Ende, nach gewonnenem Sieg über die Schar der Freier, seine Frau Penelope glücklich in die Arme schließt, hat auch der Träumer das Ende seines Weges erreicht. Asche zu Asche, Staub zu Staub.

Für den besonderen Reiz dieser höchst ausgefeilten Produktion der Wiener Festwochen sorgte das Walten der Handspring Puppet Company aus Südafrika: Odysseus, Penelope, Telemach und die zahlreichen Götter, die auf das Schicksal des gerissenen Ithakers Einfluß nehmen, wurden nämlich von Handpuppen verkörpert - geführt von Puppenspielern und Sängern, die den Puppen ihre Stimme liehen. Je länger die Aufführung, desto selbstverständlicher folgte der Blick der Zuseher den Bewegungen der Puppen und immer weniger den für das Leben der Puppe verantwortlichen Menschen. Erstaunlich, welche Ausdruckskraft einfach gebaute Puppen erreichen können. Sogar einer der musikalisch konturlosen Freier - jener im Purpurmantel - entwickelte so charakterliches Profil.

Es sangen Guillemette Laurens Vincent Pavesi, Margarida Natividade, Peter Evans und Stephan Van Dyck in verschiedenen Rollen, sowie Scot Weir als Ulisse und die herausragende Wilke de Brummelstroete als fein nuancierte, gefühlvolle Penelope. Unter der Leitung von Philippe Pierlot schlugen, zupften und strichen sieben Musiker (einschließlich Pierlots) ihre Barockinstrumente. Mit viel Verve gelang es ihnen, aus dem an sich sehr blockhafen, getragenen Werk packende Höhepunkte und ein mitreißendes Finale herauszumeißeln.

Eine zusätzliche Wahrnehmungsebene boten auf eine Leinwand projizierte Computeranimationen. Diese waren gelungen, wenn sie den Puppen als Hintergrund dienten, aber überflüssig, ja sogar störend, wenn sie die Handlung versinnbildlichten. Zweiteres geschah leider um einiges häufiger; der einzige Makel einer sehenswerten Aufführung.

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