Öffentliche Pornografie

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Nein, keine Sorge, ich werde hier nicht über Georg W. Bush schreiben. Über ihn ist genug geschrieben worden, und wenn die Literatur, die Schrift, überhaupt noch etwas vermöchten, dann wäre es schon bald gar nicht mehr nötig, über ihn, seine guten Geschäfte mit schlechten Gesellen, über seine Dummheit, die ziemlich schlau ist, und über das ganze Desaster seiner Regierungstätigkeit noch weitere Zeilen zu verschwenden. Auch gehöre ich nicht zu jenen wie Michael Moore, die uns glauben machen, dieser Präsident sei nur eine Art Betriebsunfall der amerikanischen Demokratie gewesen und sein betrogenes Volk hätte mit ihm recht eigentlich nicht viel zu tun.

Nein, mir ist eine Szene vom Parteitag der Republikaner Anfang des Monats in Erinnerung geblieben, und die sagt mir mehr über die Politik, wie sie nicht nur in Amerika betrieben wird, als manche soziologische Expertise. In der überfüllten Halle, in der das Staatstheater stattfand, fiel mir eine Gruppe junger Frauen auf, die, als die Kameras sie ins Bild fassten, triumphierend ihre Säuglinge in die Höhe reckten. Die Säuglinge, die sie, wie alle Mütter und Väter auf Erden, vermutlich für das ihnen Wichtigste gehalten haben werden, für das Schönste, was ihnen das Leben geschenkt hat, waren allesamt in den gleichen Strampelanzug gesteckt. Und auf diesem Strampelanzug stand in großen Lettern: "Babies for Bush". Da ich überzeugt bin, dass die Babys aller Völker und Nationen noch nicht von jener Demenz der Erwachsenen ergriffen sind, dass sie ihren eigenen Körper freiwillig als Werbefläche zur Verfügung stellen, kann ich mir die Sache nur so erklären, dass ihre Mütter sie unbedenklich zu Reklameobjekten degradierten. Nicht dass sie für Bush sind, stört mich so sehr, sondern dass sie ihre Kinder zu Markte tragen, sie für ihre niederen Zwecke missbrauchen und mit ihren Liebsten nichts anderes treiben als öffentliche Pornografie.

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