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Dichterehen: Tragik oder Erfüllung?

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Gustav Sichelschmidt verfaßte kein gängiges Frauenbuch, sondern eine Literaturgeschichte besonderer Art, die ein großes Lesevergnügen verspricht.

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Gustav Sichelschmidt verfaßte kein gängiges Frauenbuch, sondern eine Literaturgeschichte besonderer Art, die ein großes Lesevergnügen verspricht.

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Seit Jahrhunderten haftet Künstlerehen ein Faszinosum besonderer Art an: Die „Normalbürger“ fragen sich, vor allem auf die Frauen der Genies bezogen, ob das Privileg der Teilhabe an künstlerischen Schaffensprozessen und damit ein Enthobensein aus einem lähmenden Alltagstrott Ausgleich genug sein kann für die werknotwendige Egozentrik und das oft ungesicherte Bohemienleben des schöpferischen Partners.

In diesem Buch geht der deutsche Literaturwissenschafter und Historiker Gustav Sichelschmidt (Jahrgang 1913) mit profundem Wissen, eingehendem Quellenstudium und unaufdringlichem, psychologischem Einfühlungsvermö-. gen dieser Frage bei Betrachtung von zwölf Dichterehen, primär aus dem 19. Jahrhundert, nach. Ohne unangenehmen Voyeurismus und frei von effektheischendem, süffisantem Geplauder analysiert er die literarischen Persönlichkeiten und deren Beziehungen zu ihren Partnerinnen.

In den meisten Ehen waren diese Frauen wirkliche Partnerinnen, die sehr bewußt und selb ständig, ohne passives Dulderin- nentum, ihr Leben ihren Gatten widmeten. (So zum Beispiel Meta Klopstock, Eva Lessing, Charlotte von Schiller, Christiane von Goethe und Constanze Storm.) Allerdings handelte es sich bei den hommes de lettres auch um Männer, die mit den intensiven Empfindungen ihrer Frauen umzugehen wußten und sich nicht erschreckt vor so viel weiblicher Gefühlstiefe zurückzogen.

Als sehr interessant und kulturgeschichtlich bildend empfindet der Leser, daß der Autor die Dichter nicht nur von ihrer menschlichen, und dadurch berührenden Seite zeigt, sondern auch eine umfassende Einführung gibt über die jeweilige literarische und biogra-

Ehische Tradition, in der sie Steen. Darüber hinaus korrigiert der Wissenschaftler manches einseitig überlieferte Urteil, zum Beispiel über Christiane von Goethe (hier lernen wir einen bittenden Goethe kennen) oder über Amalie Stifter. Eine stille Heroin muß Constanze Storm gewesen sein.

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