Politisches Volksstück

19451960198020002020

"Zwölfeläuten" von Heinz R. Unger am Berndorfer Stadttheater.

19451960198020002020

"Zwölfeläuten" von Heinz R. Unger am Berndorfer Stadttheater.

Werbung
Werbung
Werbung

Im letzten Akt von Heinz R. Ungers "Zwölfeläuten" schiebt der Dorftrottel Jogl einen von Nazi-Reliquien überquellenden Karren über die Bühne: ",Net verbrennen', hab'n s' g'sagt, ,grab's ein, Jogl, wer weiß - vielleicht kann ma's no' einmal brauch'n!'" Da ist der Krieg schon zu Ende, die Menschen im kleinen, fiktiven steiermärkischen Dorf St. Kilian haben noch so manches andere zu begraben, von dem sie lieber nichts mehr wissen möchten. Zutiefst menschliche Schwächen kennzeichnen die Figuren dieses humorvollen Volkstückes mit politischem Anliegen, dessen Premiere Felix Dvorak bei den Berndorfer Festspielen genau zum 60. Geburtstag des Autors angesetzt hat. Sie handeln widersprüchlich, haben Menschen erschlagen und denunziert, ihre Kirchenglocke wollen sie retten. Sie sind böse, gierig, aber auch ängstlich und hilflos.

Felix Dvorak hat deftig, aber ohne übermäßigen Klamauk inszeniert. Mit liebenswürdiger Hinwendung zu den einzelnen Charaktern gelang es ihm, Ungers eher holzschnittartigen Typen zu sehr glaubwürdigen Durchschnittsmenschen zu formen. Ein ebenso hingebungsvolles Ensemble, das innerhalb dieses nach den Regeln eines Bauernschwanks funktionierenden Stückes stimmig zwischen derb und subtil agiert, stand ihm dabei zur Verfügung. Vor allem Gerold Rudle findet als Dorftrottel zu hinreißenden humoristischen Höhenflügen, kraftvoll und farbig überzeugen unter anderem auch Michael Mohapp, Herbert Steinböck, Alf Beinell, Rudolf Pfister, Hilde Sochor, Simone, Norbert Withalm und Karl Ferdinand Kratzl. Es darf gelacht werden im Berndorfer Stadttheater, auch wenn es einem - ganz im Sinne des Autors - manchmal im Halse steckenbleibt.

Bis 5. September Karten unter: 02672/82 318

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung