Robert Redford krönt seine Darstellkunst

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"All Is Lost": Robert Redford kämpft im Wortsinn gegen das Untergehen. Und J. C. Chandor entpuppt sich als Teufelskerl von Regisseur.

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"All Is Lost": Robert Redford kämpft im Wortsinn gegen das Untergehen. Und J. C. Chandor entpuppt sich als Teufelskerl von Regisseur.

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Eigentlich, so denkt der Zeitgenosse, hat Robert Redford ja schon alles erreicht, was Hollywood einem seiner ganz Großen zu bieten hat. Bei näherer Betrachtung scheint es aber, als sei die Film-Metropole dann doch ein wenig knausrig gewesen. Ein Oscar für die Regie und den Besten Film 1981, den Ehren-Oscar fürs Lebenswerk 2002. Aber noch nie die Auszeichnung für den Besten Darsteller -und das bei 56 Filmen und mehr als einem halben Jahrhundert Kino-Karriere.

Dass Redford nun aber mit 77 Jahren in "All Is Lost" eine derartige schauspielerische Leistung hinlegt, ist schier unglaublich - und dennoch die Krönung seiner Darstell-Kunst. Ein schneller Blick auf den Plot ließe nicht vermuten, dass dies in der Realität auch aufgeht: 106 Minuten schaut man dem einzigen Darsteller des Streifens zu, wie er Schiffbruch erleidet und dem Untergehen im Wortsinn immer näherkommt. Und dazu läuft dies alles noch extrem wortkarg, eigentlich wortlos ab, nimmt man Redfords gelegentliche Stimme aus dem Off sowie den einen oder andern Fluch, der ihm in auswegloser Lage entschlüpft, aus.

Filmischer Beweis fürs Murphy'sche Gesetz

"Alles ist verloren. Außer Seele und Körper oder was davon noch übrig ist. Und eine halbe Tagesration." So schreibt es der Schiffbrüchige und schickt es ganz klassisch per Flaschenpost auf die Reise bei dieser filmischen Beweisführung des Murphy'schen Gesetzes ("Alles, was schiefgehen kann, geht schief", oder: " Wenn etwas schiefgeht, dann tut es dies auf diejenige Weise, bei der der größtmögliche Schaden ensteht".)

Dabei beginnt alles doch fast harmlos: Der Mann (Redford) schläft auf seiner 12 Meter langen Segeljacht, die durch den Indischen Ozean schippert. Das Boot kollidiert mit einem herrenlos herumschwimmenden Schiffscontainer, das Leck schaut gar nicht bedrohlich aus. Doch trotz aller Erfahrung des Skippers nimmt ein unerbittliches Schicksal seinen Lauf.

Noch nie hat Redford, dem der Schauspiel-Oscar schon so oft überreicht hätte werden können, die Auszeichnung so verdient wie hier. Seine Genialität wird nur von der des Regisseurs und Drehbuchautors übertroffen: Ein filmischer Parforce-Ritt ist J. C. Chandor hier gelungen, und nach "Der große Crash"(2011) ist "All Is Lost" erst die zweite Spielfilmarbeit dieses noch nicht 40-jährigen Spitzenmannes geworden.

Dass in diesem Der-alte-Mann-und-das-Meer-Setting alle Fragen der Existenz im Zeitraffertempo schlagend werden, versteht sich fast von selbst. Und dass bis zum Ende ein letztes Fünkchen Lebenswille schlagend bleibt -das Aufbäumen wider alle Wahrscheinlichkeit, das Wissen, zu Ende ist es erst dann, wenn das Ende wirklich da ist - und nicht schon, wenn noch ein Hauch an Hoffnung möglich scheint.

Großes Kino. Große Gefühle. Eine atemberaubende Dramaturgie, die wohl nur ein Ausnahmeschauspieler wie Robert Redford zu zähmen imstande war. Man kann diese Bootsreise gen Tod nur nachdrücklich empfehlen: Wie so oft, so erfährt man auch bei "All Is Lost" in Todesnähe mehr vom Leben als sonstwo. Man sollte sich dieser Reise im Kinosaal unbedingt aussetzen.

All Is Lost USA 2013. Regie: J. C. Chandor. Mit Robert Redford. Constantin. 106 Min.

"In diesem Der-alte-Mann-und-das-Meer-Setting werden alle Fragen der Existenz im Zeitraffertempo schlagend. Auch dass bis zum Ende ein letztes Fünkchen Lebenswille schlagend bleibt."

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