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Kaiser Karl habe anno 1918 nur auf die Regierungsgeschäfte verzichtet, er habe nicht abgedankt. Das ist nur eine der [...] Streitfragen, die rund um den letzten Kaiser Österreichs aufs Tapet kommen: Zur Abdankung habe Karl nicht das Recht gehabt, meint sein Sohn Otto [...]: "Als Monarch hat er einen Eid auf die Verfassung geschworen und musste sich daran halten." [...]

Die geschilderte Argumentationslinie zeigt, wie schwer sich heutzutage eine Gedankenwelt nachvollziehen lässt, die noch kein Jahrhundert weit entfernt ist: Niemand käme heute auf die Idee, einen Schwur über die Freiheits- und die Menschenrechte zu stellen. Niemand sollte sich aber gleichzeitig anmaßen, über die Gedankenwelt von vor 100 Jahren zu richten.

Das bedeutet wiederum nicht, dass die alten Denkweisen heute zum Vorbild taugen: Doch nichts anderes mutet die katholische Kirchenleitung ihren Gläubigen zu, wenn sie kommenden Sonntag Kaiser Karl zur Ehre der Altäre erhebt. Es stimmt natürlich, dass der letzte Monarch des Landes persönliche Tragik erlitt, dass er fromm und gläubig war, dass er sich - trotz Aussichtsund Erfolglosigkeit - um den Frieden mühte.

Aber was für ein Vorbild soll Karl für heute sein? Dass man trotz Scheiterns ein guter Christ sein kann? Solche Vorbildwirkung ist zweifelsohne möglich - aber auch da muss der ganze Mensch in den Blick kommen.

Nr. 40 /30. September 2004

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