Rüsten gegen die Fliehkraft

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Um die "Bretteln" immer leistungsfähiger zu machen und den Athleten das sicherste Material zu liefern, wird viel Geld in die Forschung gesteckt. Gleichzeitig wird der Sport dadurch immer schneller. Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h setzen auch trainierte Körper Kräften aus, deren enorme Energie oft erst an den Folgen eines Sturzes sichtbar wird.

Nervenkitzel, Sport, Spektakel. Bei keiner anderen Abfahrt sind die Läufer so oft in sichtbarer Sturzgefahr, erlebt das Publikum derart spannende Augenblicke wie auf der "Streif". "Spannung" bedeutet jedoch, dass ein komplexes Geflecht aus Faktoren darüber entscheidet, ob der Athlet auf Kurs bleibt oder stürzt. Und das kommt gut an. Allein im ORF sind durchschnittlich 1,5 Millionen Zuseher live dabei, dem Sieger winkt mit 70.000 Euro das höchste Preisgeld im Weltcup. Große Firmen sorgen werbewirksam für rund 40 Prozent des Eventbudgets, damit ihre Produkte mit "Leistung", Geschwindigkeit" und "Siegertypen" in Verbindung gebracht werden. Und die Geschwindigkeit wird immer höher, die Siegertypen sind heute über eine halbe Minute schneller als noch vor 20 Jahren. Das Einzige, was im Abfahrtssport seit den Anfängen gleich geblieben ist, ist die Verletzbarkeit des menschlichen Körpers. Die Zunahme schwerer Aufprall- oder Schädel-Hirn-Traumata kann dafür als Beleg gesehen werden.

Skiverband im Dilemma

Doch die FIS-Regeln zollen den hohen Geschwindigkeiten Tribut: Präventiv wird vorgeschrieben, wie die "Rüstung" beschaffen sein muss (siehe oben), zu aggressive Skieinstellungen werden untersagt und genaue Skilängen und Taillierungswerte vorgegeben. "Für die Fliehkräfte spielt das Körpergewicht und die Piste zwar eine Rolle, den weitaus größeren Einfluss haben aber Geschwindigkeit und Taillierung des Skis", erklärt Christian Schiefermüller vom "Christian Doppler Labor für Biomechanics in Skiing" der Universität Salzburg. Spitzenwerte bei Profis liegen beim Zweieinhalb bis Vierfachen des Körpergewichts, meint der Experte. Das Dilemma der FIS: Zum einen müssen Sponsoren und Publikum bei Laune gehalten werden, zum anderen sollen für möglichst alle Läufer gleiche Bedingungen herrschen. Daraus resultiert das Aufschütten spektakulärer Sprünge und das Vereisen des Schnees, damit der Hang länger hält. Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h setzen auch trainierten Körpern zu. Die enorme Energie zeigt sich - wie bei Hermann Maier in Nagano - oft erst beim Sturz. Dann werden Sprünge, Kanten und knallharte Pisten zum Hindernis, an dem im günstigsten Fall nur der Traum vom Sieg zerschellt.

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