Schrubbender Golem

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Einar Schleef gibt mit "Der Golem in Bayreuth" zu denken.

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Einar Schleef gibt mit "Der Golem in Bayreuth" zu denken.

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Der Text erschließt sich, auch wenn man nicht alles versteht", ließ die Autorin Ulla Berkewicz vor der Uraufführung ihres Musiktheaterspiels "Der Golem in Bayreuth" im Wiener Akademietheater ganz zuversichtlich in einem Interview verlauten. Daß unter der Regiepranke eines Einar Schleef nicht allzuviel von ihrem ohnehin sehr lose gefaßten Libretto übrigbleiben wird, dürfte sie trotzdem geahnt haben.

Er nähert sich der Thematik auf seine höchsteigene verstörend, zerstörerische bildhaft-intuitive Weise mit dem bekannten Holzhammer, der manchmal, und das ist hier das Problem, einen, wenn auch beeindruckenden Scherbenhaufen zurückläßt. So werden in seiner "Wiener Fassung" nicht nur (wie Schleef mit der Komposition Lesch Schmidts verfahren ist, darüber darf man Vermutungen anstellen) "Parsifal", Bayreuth samt historischem ideologischem Gepäck und die Golem-Sage miteinander verschränkt, sondern auch alle denkbaren damit verbundenen Assoziationen transportiert. Von den Ursprüngen der Gralslegende, dem Antisemiten Richard Wagner, von den kabbalistischen Ursprüngen der Legende vom künstlichen Menschen, dem Prager Ghetto bis zur Gegenwart zieht sich der Bogen. "Es ist Krieg", brüllt der Regisseur am Beginn das Motto in den Zuschauerraum, "Bürgerkrieg". Schwarz gekleidete Schläger, "Haßknappen", skandieren "Haß macht Spaß". Der Golem schrubbt hinter der Bayreuther Gesellschaft den Bühnenboden. In einer Mischung aus Kriegs- und Weihespiel werden Mythen heraufbeschworen, ästhetische dunkle Bilder formen sich aus perfekt choreographierten Menschenmassen und in der Musik bleibt kein Stein auf dem anderen. Wagner, Jazz, Kinderlieder, laues Kreischen von Stimmen und Instrumenten und Klezmermusik ergeben eine schauerlich-schöne Ohrenstrapaze. Das Ganze: typisch Schleef, aber zuweilen schwer zu ertragen.

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