Schwierige Verhältnisse

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Die Beziehung von Wissenschaft und Praxis ist immer eine schwierige. Darauf hat Stephan Russ-Mohl hier sehr zu Recht aufmerksam gemacht. Das ist kein neues Problem, schon Kant hat sich 1793 mit dem "Gemeinspruch“: "Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis“ kritisch beschäftigt.

Während man es sich aber inzwischen schwer vorstellen kann, dass z. B. ein Arzt ohne die Erkenntnisse der Medizin, ein Anwalt ohne Rechtswissenschaft oder ein Bischof ohne Theologie seine berufliche Praxis sinnvoll gestalten kann, ist dies im Falle der Kommunikationswissenschaft nicht nur vorstellbar, sondern - zumindest in Österreich - Alltag. Zu diesem seltsamen Verhältnis tragen beide Seiten bei, eine Praxis, die Journalismus für einen reinen Begabungsberuf und Medienmanagement für eine Kunst hält und eine Wissenschaft, die sich durch das Beharren auf vermeintlicher Werturteilsfreiheit praktischen Diskursen verweigert. Stimmt das Bild vom unreflektierten Praktiker, der "spürt“, was eine Geschichte ist, und das Wesentliche on the job lernt, und vom weltfremden Wissenschaftler, der selbsterzeugte Scheinprobleme löst, und der in universitätsinterne Debatten verstrickten Wissenschaftlerin wirklich? Ich meine: immer weniger! Es wäre auch bei uns an der Zeit, sich wechselseitig ernster zu nehmen. Man muss halt nur akzeptieren, dass es sich um unterschiedliche Systeme handelt, die sich gerade wegen ihrer Unterschiede anregen können. Es geht nicht darum aus Wissenschaftlern Medienpraktiker zu machen und aus jenen Theoretiker - aber darum die Problemlage des jeweils anderen Systems als Anregung und nicht als Irritation zu sehen.

Anders formuliert: Auch die Medien- und Kommunikationswissenschaft wird in Forschung und Lehre lernen müssen, unter dem Joch der Nützlichkeit zu gehen. Aber: nach wie vor aufrecht!

* Der Autor ist Prof. für Medienwissenschaft an der Uni Klagenfurt

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