Speed kills den liebsten Coverboy

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Die Parallelen sind nicht zufällig. Aber hier wird weder Gusenbauers Glück der Kanzlerschaft gedacht noch Faymanns Ende der Koalitionsverhandlungen vorhergesagt. Es war 1996, das letzte Kabinett Vranitzky – begrüßt vom profil mit „Des Kaisers neue Kleider“ und einem nackten Männerkörper mit Kanzlerkopf. Raiffeisen-Chef Christian Konrad war als Eigentümervertreter des Magazins „entsetzt über diese Geschmacklosigkeit“. Herausgeber Hubertus Czernin musste gehen.

Zwölf Jahre später entrüstet sich profil schon am Tag nach der Wahl mit „Sieg …!“ in Runenschrift und der Einschätzung „Radikale Rechte wird entscheidende Kraft in Österreich.“ Dazu eine Fotomontage von Strache und Haider in Braun.

Während die Politikwissenschaft noch orakelt, wie stark die Krone die Wahl beeinflusst hat, zitieren ausländische Beobachter bereits genüsslich das profil-Cover. Differenzierungsversuche scheitern hoffnungslos an dieser plakativen Rechtsradikalen-These.

Mangelnde Medienethik wird hierzulande über die Schrecken des offensichtlichen Boulevards definiert: Krone prügeln, Österreich geißeln, News anprangern. Der Sündenfall von erklärten Qualitätsmedien kommt zu kurz.

Dabei geht es nicht nur um die spekulative Verantwortungslosigkeit des profil-Titels nach der Wahl. Haider am Umschlag war mehr als zwanzig Jahre ein Freiverkaufsturbo. Ein scheinheiliges Spiel im Zauberlehrling-Stil: Sie riefen ständig nach den Geistern, die sie nicht mehr los wurden.

Da wirkt der aktuelle Einband wie eine Ironie des Schicksals. Am Tag nach Haiders Tod thematisiert profil die Finanzkrise. Das aber hat weder mit Abkehr vom liebsten Coverboy, noch mit Betroffenheit von Raiffeisen und schon gar nichts mit Medienethik zu tun. Speed kills – der beste Gegner des Wochenmagazins starb so knapp wie möglich nach Redaktionsschluss.

Der Autor ist Medienberater, Politikanalyst und Publizist

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