Stardirigent und Finanzkrise

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Das skandalträchtige Karajan-Stück „Maestro“ und Kathrin Rögglas „Draußen tobt die Dunkelziffer“, durch die Zeitläufte brennend aktuell geworden, an Salzburger Bühnen.

Früher gingen die Leute wegen der Musik ins Konzert und heute, um einen Dirigenten zu sehen.“ So lautet ein Satz in „Maestro“, ein Stück von Christoph Klimke über Herbert von Karajan, das in der Regie von Johann Kresnik vergangenen Freitag im Salzburger Landestheater uraufgeführt wurde. Man kann den Satz auch auf das moderne Schauspiel anwenden: Früher gingen die Leute ins Theater, um ein Stück zu sehen, heute tun sie es, um die womöglich skandalträchtige Arbeit eines Regisseurs zu sehen.

Das gilt für „Maestro“ ebenso wie für Kathrin Rögglas „Draußen tobt die Dunkelziffer“, ein Stück, das im Schauspielhaus Salzburg Premiere hatte.

In Pressekonferenz und Interview wurde erzählt und erklärt, es handele sich bei „Maestro“ gar nicht um die Biografie Karajans, sondern um das Schicksal eines im Grunde einsamen, machthungrigen Dirigenten … Wenig von alledem! Was bei diesem knapp zweistündigen Stück herauskam, war sehr wohl ein Karajan-Bild mit Eigenschaften, die man ohnehin kennt, nichts Neues also. Es wurde kein Skandal provoziert, trotz Hitler-Puppe mit BZÖ- und SPÖ-Fahne zur Seite, in einer Loge und flankiert von einem Kinderchor, der in KZ-Sträflingstracht dazu das Horst-Wessel-Lied sang. Und selbst die nackte Jesus-Karikatur am Kreuz, die in der Party-Szene Wein pinkelt, verstörte niemanden. Kein Protest. Immerhin der Stifter einer Weltreligion.

Von den Schauspielern her war „Maestro“ vor allem mit dem Gast Rüdiger Kühlbrodt als Karajan – der im Stück ohnehin sehr gut wegkommt im Gegensatz zu Gattin Eliette (Franziska Sörensen) – gut besetzt. Für diese personenreiche Dokumentation war natürlich das gesamte Ensemble gefordert und lieferte ordentliche Arbeit ab.

Kathrin Rögglas Stück „Draußen tobt die Dunkelziffer“, vom Schauspielhaus vor einem Jahr eingekauft, hatte in den vergangenen Wochen durch den Zusammenbruch der Finanzmärkte unerhörte Aktualität gewonnen. Denn hier geht es um sogenannte Finanzberater, die den Kunden mit Krediten, die durch Versicherungen und andere Kredite gedeckt werden müssen, das letzte Geld aus der Tasche ziehen – der moderne legalisierte Straßenraub eben: Die Ketten über die Donau bei Dürnstein und Aggstein bleiben gespannt. Die Zeiten ändern sich nicht, die Menschen auch nicht, nur die Methoden. Wie gesagt: Der Schub aus der Aktualität hat dem Stück gut getan, zumal auch Regisseur Martin Scharnhorst auf Tempo setzt und das Bühnenbild (Friedrich Despalames) mit großen, leichten Paravents im Nu verändert wird. Auch hier ist fast das gesamte Ensemble eingespannt, wobei man den wunderbar wandelbaren Volker Wahl ausdrücklich erwähnen muss.

Hier wie dort Applaus. Alles political correct! Oder?

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