Theater

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1848: Blutiger Ernst als Stoff einer Posse

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1848: Blutiger Ernst als Stoff einer Posse

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Als Nestroy im Mai 1848 in seinem Stück "Die Anverwandten" die demokratische Frankfurter Nationalversammlung verspottete, fand dies das Publikum gar nicht lustig. Er mußte von der Bühne flüchten und entschloß sich danach, mit "Freiheit in Krähwinkel" ernsthaft Farbe zu bekennen. Ähnlich mißverstanden könnte sich nun Heinz R. Unger fühlen, dessen Satire auf das Revolutionsjahr, "Brückenköpfe" bei der Uraufführung im Wiener Theater Akzent zum Teil kritische Reaktionen bei den Rezensenten hervorrief. Zu blutig waren die tatsächlichen Geschehnisse, doch um diese geht es dem Autor, trotz vieler historischer Anlehnungen, zu allerletzt, sondern um, wie er selbst sagt, "Wendehälse", Menschen, die es sich in kritischen Zeiten irgendwie "richten".

Kein Gesellschaftsstück, sondern eine Posse auf den Spuren von Johann Nestroy, die über weite Strecken intelligenten Humor versprüht, erwartet den Zuschauer. Zum Inhalt: Ein Frankfurter Abgeordneter kommt nach Wien und muß erkennen: Wien ist anders. Hier ist jedem sein Hemd am nächsten und die Revolution ein großes Theaterspiel für - wienerische - Selbstdarsteller. Turbulentes Bühnengeschehen unter Peter Grubers Nestroy-erprobter Regie und komödiantische Höhenflüge des ausgezeichneten Ensembles strapazieren im ersten Teil die Lachmuskeln. Wenn jedoch später die Revolution mit der Hinrichtung von Robert Blum (Tim Kramer), Hermann Jellinek (Nicolaus Hagg) und Wenzel Messenhauser (Peter Vilnai) ihr Ende findet, nimmt sich Ungers spöttische Sicht auf die Geschichte doch seltsam aus, denn hier sind Menschen tatsächlich für die Freiheit gestorben.

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