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Einladung, zu fragen

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Politisch schlechte Zeiten sind bekanntlich meist hervorragende für das politische Kabarett. Jedenfalls war es in den dreißiger Jahren so. Von dieser Zeit weiß der Spätheimkehrer Leon Askin ein Lied zu singen.

Im Kabarett Niedermair bietet der Altmeister unter dem Titel „Kleinkunst -einst und jetzt” einen unvergeßlichen Abend.

Beeindruckend, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des neuen Rechtsterrorismus in Osterreich, ist Askins Vortrag des Dachau-Liedes von Jura Soyfer, der im „ABC”, dem politisch schärfsten Wiener Kabarett vor dem Anschluß, mitarbeitete. Etwa in der Mitte der Vorstellung fordert der in der Bolle eines Nazioffiziers in Hollywood berühmt Gewordene das Publikum auf, Fragen zu stellen, denn: „Wir sind zuständig, wir sind die Letzten.”

Wer weiß denn heute noch, daß Bertolt Brechts „Baal” im März 1926 im Josefstädter Theater uraufgeführt wurde und - man höre und staune - Hugo von Hofmannsthal ein Vorwort dazu schrieb? 30 Jahre später hatten Brechts Stücke in Wien keine Chance mehr, aufgeführt zu werden, schon gar nicht in der Josefstadt. Jenem Bezirk, in dem Askin 1907 geboren wurde und der ihn, wenn man seinen Erinnerungen und den von ihm leidenschaftlich und mit Pathos vorgetragenen Texten lauscht, unüberhörbar prägte. Das Einst ist also nicht als pure Beminiszenz zu nehmen, sondern im Sinne des „Aus-der-Geschichte-Lernens” als Warnung für das Jetzt zu begreifen. Der Abend gipfelt im durchaus als

Kolitische Demonstration zu verste-enden Appell „Nie wieder Krieg”. Wir sollten auf Askins Einladung, zu fragen, noch oft zurückkommen.

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