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Epitaph für Erich Kleiber

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In den Grazer Kammerspielen, im provisorisch anmutenden Rittersaal des Landhauses und vor vielen leeren Plätzen, traf die Uraufführung eines blutarmen Lehrstücks (von Helmut Schwarz) auf eine eher bescheidene Inszenierung (von Heinz Ger- stinger). Das Ergebnis war dementsprechend: fünf Bilder platter, flacher Dialoge, eine Hauptfigur aus weltanschaulichem Papier und über ein Dutzend: weiterer Textzubringer in einer Reportage aus dem Bereich der Kunst und Politik.

Der Titel des Stückes heißt „Das Aushänge- s c h i 1 d“, der Inhalt erzählt von den Konflikten eines renommierten Dirigenten, der sich, ungeachtet der Zweifelhaftigkeit seines Beginnens und durchaus im guten Glauben, den Pankower Kulturbehörden verdingt: Er übernimmt (zum zweitenmal, denn bis 193 5 war er es bereits — kein Zweifel also, daß es sich um das verklausulierte Schicksal Erich Kleibers handelt) die Leitung der (nunmehr) Ost-Berliner Staatsoper.

Er scheitert: an den Praktiken der doppelgesichtigen östlichen Kulturpolitik und menschlich. Am Schluß des vierten Bildes sieht er ein, was wir ihm schon im ersten hätten sagen können: daß er es hätte’ nicht tun sollen, daß er bloß als Aushängeschild gedient hat, als mißbrauchte Marionette der Kulturoffensive im Zeichen des kurzfristigen Tauwetters. Zweifellos ist so ein Stück sehr gut gemeint, auch wenn es uns scheint, daß Erich Kleiber hier zum zweitenmal als Aushängeschild benutzt worden ist: von Helmut Schwarz, der bloß eine hinlänglich dramatische Zeitungsstory und kein Drama schuf. Dazu bedarf es immer noch der Dichtung, nicht nur des Blickfangs aktueller Themen. Die Hauptrolle spielt Ludwig Anderson, sehr menschlich, still, in sich gekehrt. Neben ihm lassen sich Curt Eilers, Friedrich Haupt und Rudolf Buczolich sehen. Ein ansprechendes Bühnenbild von E. Jahren.

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